Inhaltsübersicht
1 Werbung und Kaufen – eine Einführung
2 Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
5 Mechanismen der Verhaltenssteuerung: Aktivierende Prozesse, Motive und Ziele
6 Automatische Handlungssteuerung von außen
7 Prinzipien der sozialen Urteilsbildung
8 Prinzipien der Kaufentscheidung
9 Zur Psychologie der Kaufentscheidung
10 Sozialpsychologische Grundlagen
11 Psychologische Konsistenz und Reaktanz
12 Bewerten und die Konstruktion der menschlichen Zufriedenheit
13 Explizite und implizite Einstellungen und ihre Beziehung zum Verhalten
15 Geschichten als Mittel der Beeinflussung
16 Differenzielle Konsumentenpsychologie
18 Inhalte der Werbe- und Produktgestaltung
19 Die Wahrnehmung von Mengen, Zahlen und Zeit
21 Digitales Marketing und Onlinehandel
22 Soziale Beeinflussung in digitalen Medien: Empfehlungsmarketing und Influencer
23 Messung der Werbewirkung und Methoden der Marktforschung
24 Psychologische Einflüsse auf Ergebnisse der Marktforschung
Kapitel 1 - Werbung und Kaufen – eine Einführung
Werbung ist ambivalentes Thema: Wir finden sie mitunter reizvoll, kreativ und unterhaltsam, versuchen sie aber eher zu vermeiden. Um Werbewirkung zu verstehen, muss man unterschiedliche Wirkungswege unterscheiden. Eine der wichtigsten Unterscheidungen hierbei ist die zwischen zwei Formen der Verhaltenssteuerung: einer bewussten und reflektierten, zum anderen aber auch einer automatischen und unbewussten. Neben den üblichen Werbeformen sind z. B. Sponsoring, Merchandising, Product-Placement oder Native-Advertising zu unterscheiden. Digitale Medien ermöglichen nicht nur den Anbietern neue Werbeformen, sie bieten auch viele Möglichkeiten für Konsumentinnen und Konsumenten, sich am Markt zu beteiligen. Beispiele hierfür sind Produktrezensionen, die aktive Beteiligung an der Produktentwicklung oder der private Verkauf von gebrauchten Gütern. Werbepsychologie stellt kein klar umrissenes Berufs- oder Tätigkeitsfeld dar. Der häufigste Einsatz von Psychologinnen und Psychologen in der Werbung liegt in der Marktforschung. Erkenntnisse der Werbe- und Konsumentenpsychologie werden auch unter Bezeichnungen wie „Neuromarketing“ oder „Verhaltensökonomie“ verbreitet.
Kapitel 2 - Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
Die Gesetze der Wahrnehmung haben vielfältigen Einfluss auf das Konsumverhalten. Zum Beispiel ist unsere Sensibilität für physikalische Reizstärken begrenzt. Manche Reize nehmen wir, auch wenn sie tatsächlich vorhanden sind, gar nicht bewusst wahr und auch die Veränderung von Reizstärken – etwa wenn Portionen größer werden – erleben wir verzerrt. Wahrnehmen ist auch kein rein passiver Prozess. Tatsächlich geht unser Wahrnehmungseindruck in der Regel über das hinaus, was uns die Außenwelt präsentiert, erscheint stimmiger, geschlossener, sinnvoller und prägnanter. Hierfür sorgen die in der menschlichen Wahrnehmung wirksamen Gestaltgesetze. Zudem beeinflussen sich die einzelnen Sinneseindrücke gegenseitig, sodass der Wahrnehmungseindruck auf der einen Sinnesdimension (z. B. Klang) die Wahrnehmung auf einer anderen Sinnesdimension (z. B. Druck) verändern kann. Aufmerksamkeit gilt als eine zentrale Voraussetzung jeglicher Werbewirkung. Diese traditionelle Ansicht ist allerdings nicht ganz zutreffend. So wirken Informationen auch dann, wenn sie keine Aufmerksamkeit erhalten. Da aber die Wirkung von aufmerksamer und unaufmerksamer Reizverarbeitung verschieden sein kann, ist es wichtig, die Regeln der Aufmerksamkeitssteuerung zu kennen.
Kapitel 3 - Lernen
Die grundlegenden Gesetze des Lernens sind die der Konditionierung. Beim klassischen Konditionieren werden die Reaktionen des Organismus auf bestimmte Umweltreize auf andere, ursprünglich neutrale Reize übertragen. In der berühmten Pawlowʼschen Variante des klassischen Konditionierens wird die Erwartung aufgebaut, welcher Reiz auf den vormals neutralen Reiz folgt. Da in der Wirklichkeit eher selten auf das Produkt der Stimulus folgt, der in der Werbung eingesetzt wurde, ist das Pawlow’sche Konditionieren für das Konsumverhalten weniger relevant. Von großer Bedeutung ist dagegen das evaluative Konditionieren. Diese Lernform besteht aus dem Erwerb von Werturteilen und Einstellungen. Neben Bewertungen können auch Bedeutungen konditioniert werden. So ist es möglich, Markenimages über konzeptuelles Konditionieren aufzubauen. Im Unterschied zum klassischen Konditionieren wird beim operanten Konditionieren der Organismus selbst aktiv. Bei dieser Form des Lernens wird ein Verhalten durch seine Konsequenzen kontrolliert. Diejenige Konsequenz, die die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens erhöht, wird Verstärker genannt. Typische Verstärker sind Belohnungen oder die Linderung unangenehmer Zustände. Ein Modell der Werbewirkung besteht darin, dass ein Produkt durch Koppelung an einen Verstärker Belohnungswert erhält.
Kapitel 4 - Gedächtnis
Werbewirkung wird häufig daran festgemacht, dass sich die Begegnung mit Marke oder Produkt in einer Erinnerung niederschlägt. Dabei drängen sich typische Irrtümer über das Funktionieren des Gedächtnisses auf. Einer davon besteht darin, sich das Gedächtnis wie einen Speicher vorzustellen, aus dem wir beim Erinnern die Informationen unverändert herauslesen. Tatsächlich werden Erinnerungen beim Abruf jedes Mal neu konstruiert und können sich demzufolge auch verändern. Wesentlich für eine korrekte Erinnerung ist die Überlappung zwischen der Situation, in der die Information aufgenommen wurde, und der, in der sie wieder abgerufen werden soll. Ein zweiter Irrtum über die Erinnerung von Werbeinhalten betrifft die Rolle der Aufmerksamkeit. Traditionelle Vorstellungen der Werbewirkung wie das AIDA-Modell unterstellen, dass Aufmerksamkeit die Voraussetzung dafür ist, dass Werbung wirken kann. Tatsächlich sind aber unaufmerksam aufgenommene und nicht bewusst erinnerte Werbeinhalte keineswegs wirkungslos. Einer der wichtigsten Effekte einer unaufmerksamen Rezeption ist der „Effekt der bloßen Darbietung“, der darin besteht, dass wir Inhalte immer positiver bewerten, je häufiger wir sie wahrgenommen haben – unabhängig davon, ob wir uns an die Begegnung mit diesen Inhalten bewusst erinnern.
Kapitel 5 - Mechanismen der Verhaltenssteuerung: Aktivierende Prozesse, Motive und Ziele
Unsere Verhaltensbereitschaft hängt wesentlich von Emotionen, Stimmungen und Motiven ab. Konsumpsychologisch ist aber nicht unbedingt die Emotionalität von Werbung oder Marketingmaßnahmen entscheidend, sondern vielmehr die Erwartung, dass ein Produkt oder eine Konsumhandlung „Belohnungsqualität“ haben. Motivation kann man in der Regel auf zwei Weisen verstehen: Zum einen als das Streben nach einem erwünschten Zustand, zum anderen aber auch als das Vermeiden von unerwünschten Zuständen. Im Marketing sollten die beiden Motivationshaltungen auf unterschiedliche Weise angesprochen werden. Die vermutlich am besten gesicherte Inhaltstheorie der Motivation unterstellt drei Motivthemen: Leistung, Macht und Anschluss. Jeder Mensch ist – in unterschiedlichem Grade – in diesen Themenbereichen motivierbar. Hierbei ist es wichtig, dass das Motiv auf einen passenden situationalen Anreiz trifft. Neben den eher unbewusst wirkenden Motiven sind auch Ziele treibende Kräfte des Verhaltens. Zur Zielverfolgung ist oft Selbstkontrolle erforderlich. Viele Konsumhandlungen sind das Ergebnis einer nicht gelingenden Selbstkontrolle.
Kapitel 6 - Automatische Handlungssteuerung von außen
Ziele wirken auch dann handlungssteuernd, wenn sie nicht vom Individuum selbst, sondern durch Außenreize gesetzt werden. Sie können auch automatisch und ohne die bewusste Aufmerksamkeit der handelnden Person aktiviert werden. Das Aktivieren von mentalen Konzepten und metaphorischen Bedeutungen kann sich auf konkretes Verhalten auswirken. Menschen neigen zu Verhaltensweisen, die zu denjenigen Konzepten passen, mit denen sie kurz zuvor konfrontiert wurden. Die Forschungen zum Priming mit konkreten Verhaltensfolgen erweisen sich in Replikationsstudien häufig als instabil. Entsprechende Ergebnisse sollten also mit Vorsicht interpretiert werden. Unterschwellige Wahrnehmung kann unser Verhalten beeinflussen, allerdings nicht im Sinne einer Aufforderung, sondern eher als unspezifische Aktivierung eines mentalen Konzepts. In diesem Sinne können unterschwellig präsentierte Stimuli bereits vorliegende Ziele oder Bedürfnisse aktivieren und damit auf das Verhalten wirken. Auch eine Konditionierung mit unterschwellig präsentierten Stimuli ist möglich. Die Effekte unterschwelliger Beeinflussung sind aber nicht größer als andere Effekte einer unbemerkten, aber überschwelligen Informationsaufnahme.
Kapitel 7 - Prinzipien der sozialen Urteilsbildung
Urteile und Entscheidungen werden durch das subjektive Erleben der Informationsverarbeitung beeinflusst. Zum Beispiel wird das Erleben einer flüssigen Informationsverarbeitung als Hinweis auf hohe Bedeutung oder Wahrheit der verarbeiteten Inhalte gedeutet. Objekte und Ereignisse können psychologisch unterschiedlich nah erscheinen. Die wichtigsten Dimensionen psychologischer Distanz sind zeitliche, räumliche oder soziale Nähe sowie Wahrscheinlichkeit. Psychologisch ferne Objekte sind abstrakt repräsentiert, psychologisch nahe dagegen konkret. Abstrakt repräsentierte Entscheidungen über weit in der Zukunft liegende oder noch unsichere Ereignisse werden vor allem auf der Basis übergeordneter Wertvorstellungen getroffen. Entscheidungen für psychologisch nahe Ereignisse werden stärker von Details der Umsetzung und Machbarkeit beeinflusst. Werturteile werden dadurch beeinflusst, welche Kontextinformationen zum Zeitpunkt des Urteils besonders leicht abgerufen werden. In der Regel werden die Eigenschaften der Kontextinformation auch den Zielreizen zugeschrieben, über die das Werturteil abgegeben wird. In bestimmten Fällen werden die Kontextinformationen aber auch als Maßstab betrachtet. In diesen Fällen werden die Zielreize mit der Kontextinformation kontrastiert.
Kapitel 8 - Prinzipien der Kaufentscheidung
Kaufentscheidungen lassen sich danach unterscheiden, welchen kognitiven Aufwand sie beanspruchen. Die normative Entscheidungstheorie sieht Kaufentscheidungen als ein Kalkül mit dem Ziel, den eigenen Nutzen zu maximieren. Dem stehen Erfahrungen entgegen, nach denen Entscheidungen wenig reflektiert und eher auf der Grundlage von aktuellen Impulsen getroffen werden. Diese Impulse sind häufig von affektiven Prozessen dominiert. Trotzdem kann man nicht folgern, dass Entscheidungen, die nach normativen Vorstellungen nicht rational sind, automatisch emotional gesteuert werden. Das scheinbar Irrationale in den Konsumentscheidungen beruht vielmehr auf den spezifischen Eigenheiten des menschlichen Denkens und Bewertens. Zu diesen Eigenheiten zählen: (1) Optionen werden nicht absolut, sondern von einem variablen Referenzpunkt aus bewertet, (2) mit wachsender Höhe schlagen sich sowohl Gewinne als auch Verluste immer weniger in der subjektiven Bewertung nieder, und (3) Verluste werden intensiver erlebt als Gewinne.
Kapitel 9 - Zur Psychologie der Kaufentscheidung
Bei unseren Entscheidungen nutzen wir eine Vielzahl von Regeln, von denen die meisten einfache Faustregeln bzw. Heuristiken sind. Eine der wichtigsten besteht darin, dass wir die geistige Verfügbarkeit einer Information, die Leichtigkeit, mit der sie uns in den Sinn kommt, als Hinweis auf Wichtigkeit, Relevanz oder Wahrheit dieser Information werten. Andere wichtige Entscheidungsregeln beruhen z. B. darauf, dass wir Verluste höher bewerten als Gewinne, oder darauf, dass wir unsere Geld- oder Zeitressourcen mentalen Kategorien zuordnen. Wenn eine Ressource bereits für ein bestimmtes Ziel bestimmt war, wird sie nicht ohne Weiteres für ein anderes Ziel eingesetzt. Wir neigen grundsätzlich dazu, Informationen zu nutzen, wenn wir sie erhalten, egal ob sie relevant sind oder nicht. Daher kann man durch die Gabe irrelevanter Informationen erheblichen Einfluss auf Urteile und Entscheidungen ausüben. Werden zwei Objekte miteinander verglichen, dann sind die Ergebnisse dieses Vergleichs nicht unbedingt symmetrisch. Durch eine Verschiebung des Vergleichsfokus können unterschiedliche Ergebnisse erzeugt werden. Wir nutzen für unsere Entscheidungen auch intuitives Wissen, das wir nicht verbalisieren oder über dessen Herkunft wir uns keine Rechenschaft geben können.
Kapitel 10 - Sozialpsychologische Grundlagen
Kaufverhalten wird auf vielfache Weise sozial kontrolliert. Die Werbung appelliert nicht selten an soziale Kontrollmechanismen, wie etwa Konventionen, Modeerscheinungen, das Verhalten vergleichbarer anderer Personen oder Erfordernisse des sozialen Status. Welchen Einfluss allerdings die soziale Umwelt auf unser Verhalten ausübt, hängt von den Normen ab, die in der jeweiligen Umwelt gelten. Starke Beeinflussungswirkung geht von Personen aus, die uns sympathisch sind. Diese Einflüsse werden nicht nur in der Werbung, sondern auch in der direkten Interaktion deutlich. Eine besondere Rolle im Rahmen der Sympathiemechanismen kommt der physischen Attraktivität zu, da sie sowohl Mittel der Werbung als auch ihr Gegenstand sein kann. In vielen für das Kaufverhalten relevanten Situationen lässt sich die Wirksamkeit psychologischer Gegenseitigkeitsprinzipien nachweisen: Eine Gefälligkeit oder ein Dienst, den mir ein anderer erweist, stellt einen Druck her, die Gefälligkeit zu erwidern.
Kapitel 11 - Psychologische Konsistenz und Reaktanz
Wichtige Treiber hinter unserem Verhalten sind zum einen unser Bedürfnis nach Stimmigkeit und Konsistenz, zum anderen unsere Tendenz uns bedrohte Optionen zu sichern. Ersteres äußert sich unter anderem darin, dass wir versuchen, im Einklang mit unseren Einstellungen und vor allem mit unseren öffentlichen Äußerungen zu handeln. Aber auch unser vorheriges Verhalten kann unser späteres Verhalten beeinflussen, denn die einmal eingeschlagene Richtung eines Verhaltens wird ohne Gründe nicht geändert. Für die Beibehaltung der Verhaltensrichtung sind dagegen keine weiteren Gründe erforderlich. Wenn Optionen bedroht sind oder gar ganz verloren gehen, werden sie für uns stark aufgewertet. Das erklärt, dass Produkte durch limitierte Stückzahlen oder enge Fristen für Sonderverkäufe besonders attraktiv erscheinen. Beide Mechanismen, also sowohl das Streben nach Konsistenz wie auch die Aufwertung knapper Güter, hängen allerdings von bestimmten Bedingungen ab.
Kapitel 12 - Bewerten und die Konstruktion der menschlichen Zufriedenheit
Unsere Zufriedenheit ist keine passive Reaktion auf die Umstände, sondern eine aktive Konstruktion, die psychologischen Regeln unterliegt. Zu diesen Regeln zählt zum einen die reaktante Aufwertung dessen, was wir nicht haben können, und zum anderen dessen spätere Abwertung, wenn wir uns an die Verluste gewöhnt haben. Besonders diese letztere Anpassungsleistung übersehen wir in unseren Entscheidungen oft, sodass wir uns häufig verschätzen, wenn wir unsere zukünftige Zufriedenheit vorhersagen sollen. Wir bewerten unsere Situation oft im Vergleich mit nicht realisierten Alternativen. Das Nachdenken über bessere Versionen der Realität kann Gefühle des Bereuens nach sich ziehen. Vor Konsumentscheidungen kann Vorweggenommenes die Konsumhandlung hemmen oder befördern. Wenn ein Konsumerlebnis bewertet werden soll, das sich über eine bestimmte Dauer erstreckt hat, fließt in die Bewertung nur ein, wie es an in seinem intensivsten Moment und an seinem Ende empfunden wurde. Dauer und durchschnittliche Empfindung werden ignoriert.
Kapitel 13 - Explizite und implizite Einstellungen und ihre Beziehung zum Verhalten
Es liegt nahe, sich unser Konsumverhalten als Folge unserer Einstellungen gegenüber Marken oder Produkten vorzustellen. Tatsächlich hängt unser Verhalten aber oft nur lose mit unseren Einstellungen zusammen. Vieles tun wir, ohne eine passende Einstellung zu haben, nur aus Freundschaft und Sympathie, weil wir dafür eine Belohnung erwarten oder weil eine Autorität uns dazu anhält. Zudem hängen die Absichten zu unserem Verhalten nicht nur von unseren Einstellungen ab, sondern auch von unseren Überzeugungen, über unser Verhalten Kontrolle zu haben und mit dem Verhalten sozialen Normen zu genügen. Manche Einstellungen bleiben unbewusst und können nur aus indirekten Hinweisen im Verhalten erschlossen werden. Aus diesem Grund bezeichnet man diese Einstellungen als „implizit“. Unbewusste Einstellungen können z. B. auf der Basis von Reaktionszeiten gemessen werden. Automatische Reaktionen in einem solchen Verfahren hängen mit wenig kontrollierten, impulsiven Anteilen des Konsumverhaltens zusammen.
Kapitel 14 - Einstellungsänderung
Beeinflussende Botschaften, wie sie in Werbung und Marketing üblich sind, werden nicht immer aufmerksam aufgenommen. Eine unaufmerksame Rezeption bleibt dabei allerdings nicht wirkungslos, nur spielen in ihr die vorgetragenen Argumente nicht die dominierende Rolle. Bei einer unaufmerksamen, „peripheren“ Aufnahme spielen z. B. die Attraktivität des Kommunikators, sein Auftreten oder sein Ruf sowie die Menge der Argumente unabhängig von der Qualität eine stärkere Rolle. Eine beeinflussende Kommunikation ist besonders wirksam, wenn keine oder nur eine geringe Beeinflussungsabsicht unterstellt wird, wenn auch Nachteile der angepriesenen Position genannt werden und wenn das Publikum in dieser Kommunikation bereits darauf vorbereitet wird, wie es auf Gegenargumente reagieren sollte. Als Konsumenten sind wir uns durchaus bewusst, dass Marketinginformationen mit einer Beeinflussungsabsicht gegeben werden. Aus diesem Bewusstsein kann sich eine generelle Abwehrhaltung gegenüber beeinflussenden Inhalten ergeben. Allerdings dulden und akzeptieren wir ein gewisses Maß an beeinflussenden Strategien vonseiten der Werbung.
Kapitel 15 - Geschichten als Mittel der Beeinflussung
Wir werden leichter von einer Sache überzeugt, wenn sie uns in Geschichtenform präsentiert wird. Geschichten wirken vor allem, wenn wir uns auf sie einlassen und in die Welt der Geschichte „eintauchen“. Die Geschichtenstruktur kommt der Arbeitsweise unseres Gedächtnisses sehr entgegen. Erinnerungen werden üblicherweise konstruiert, und dieser Konstruktionsprozess folgt ähnlichen Regeln wie auch die Erzählung von Geschichten. Geschichten fördern die Verarbeitungsflüssigkeit der präsentierten Inhalte. Sie ermöglichen die Identifikation mit den Protagonisten und können auf diese Weise auch ins episodische Gedächtnis gelangen. Geschichten lassen Verhaltensweisen plastisch vor das Auge treten und erleichtern auf diese Weise die Umsetzung von Absichten in Verhalten. Geschichten verlangen von uns mindestens vorläufig, dass wir die präsentierten Inhalte akzeptieren. Das verhindert ein Gegenargumentieren gegen persuasive Inhalte. Zudem können Geschichten über eine „stellvertretende Wunscherfüllung“ wirken, indem sie uns angenehme Zustände vor Augen führen, an denen wir über unser Eintauchen in die Geschichte partizipieren.
Kapitel 16 - Differenzielle Konsumentenpsychologie
Werbungtreibende haben das Ziel, möglichst viel über ihre spezifische Zielgruppe zu erfahren. Möglichkeiten hierzu ergeben sich unter anderem durch die Auswertung des Verhaltens im Internet. Die Big-Five-Persönlichkeitsfaktoren sind als das umfassendste Persönlichkeitsmodell auch auf Konsumverhalten anwendbar. So zeigen sich z. B. Zusammenhänge zwischen den Big Five und dem Verhalten gegenüber digitalen Medien. Eine herausragende Rolle bei der Beeinflussung spielen „Meinungsführer“ und Influencer. Diese Menschen besitzen zum einen bestimmten Persönlichkeitsmerkmale, zum Teil nehmen sie aber auch spezielle soziale Rollen in ihrer Bezugsgruppe ein. Menschen unterscheiden sich auch darin, wie stark sie auf bestimmte Strategien der Beeinflussung ansprechen. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Menschen ist das Alter. Dabei werden Kinder von der heutigen Werbewirtschaft als Konsumenten bereits sehr ernst genommen und stellenweise ähnlich behandelt wie Erwachsene. Dagegen werden Senioren trotz hoher Kaufkraft und leichter Ansprechbarkeit durch die Medien in der Werbung noch immer vernachlässigt.
Kapitel 17 - Gestaltung der Werbung
Werbeträger sollten so viele Empfänger wie möglich, dabei aber auch die richtigen erreichen. Eine häufige Wiederholung dient der Werbung eher, als dass es ihr schadet. Überdrussreaktionen aufseiten der Empfänger lassen sich zumeist schon durch geringe Variationen der Werbegestaltung unterbinden. Die Gestaltungsmerkmale von Werbung haben Einfluss auf die Werberezeption. Dazu zählen z. B. die Größe von Anzeigen oder Überschriften, Bilder, Farben, Musik oder Merkmale der Sprache. Zum Beispiel steuern Farben die Aufmerksamkeit von Konsumenten und kennzeichnen Produkte bzw. Marken. Ihre psychologische Wirkung (z. B. auf Stimmung oder Erregung) ist aber stark kontextabhängig und eher kulturell als biologisch geprägt. Musik wirkt über die Beeinflussung von Affekten und über kulturelle oder persönlich bedeutsame Assoziationen. Sie kann auch die Wahrnehmung von Zeit und Dauer beeinflussen. Bilder sind das zentrale Medium der Werbegestaltung. Sie erleichtern die Informationsaufnahme und -speicherung. Sie sind in der Lage, den Betrachter zu aktivieren und seine Einstellungen zu beeinflussen.
Kapitel 18 - Inhalte der Werbe- und Produktgestaltung
Zu den am häufigsten untersuchten Gestaltungselementen von Werbung gehören Furchtappelle, Erotik und Humor. Werbung mit Furchtappellen ist nur dann effektiv, wenn der Betrachter erwartet, die dargestellte Bedrohung wirksam abwenden zu können. Ein sehr intensiver Furchtappell kann bei Menschen, die sich von der Bedrohung stark betroffen fühlen, Gedanken der Verharmlosung und der Beschwichtigung verstärken. Erotik hat einen starken Effekt auf die Aufmerksamkeit des Betrachters. Die gesteigerte Aufmerksamkeit gilt aber häufig der erotischen Darstellung allein, sodass die Erinnerung an Details der Werbebotschaft bei erotischer Gestaltung leidet. Auch Einstellungen und die Kaufabsicht werden durch Erotik selten zugunsten der Werbeabsicht verändert. Wirksam wird Erotik in der Werbung eher über Konditionierungseffekte und darüber, dass Erotik die Empfänger in einen unspezifischen Belohnungsmodus versetzt. Werbung wird zwar häufig humorvoll gestaltet, allerdings ist keineswegs sicher, dass Werbung mit Humor besser wirkt als ohne. Humor, der mit der Werbeaussage zusammenhängt, ist erwartungsgemäß erfolgreicher als Humor, der nicht in den Kontext der Aussage passt.
Kapitel 19 - Die Wahrnehmung von Mengen, Zahlen und Zeit
Unsere Wahrnehmung von Zahlen ist in vielfacher Hinsicht verzerrt, und das gilt auch für alles, was mit Zahlen ausgedrückt wird, wie z. B. Mengen, Größen, Preise oder Zeit. So nimmt z. B. unsere Sensibilität für numerische Unterschiede immer weiter ab, je höher der jeweilige Ausgangsreiz ist. Nach Möglichkeit analysieren wir Zahlen nicht nach ihren genauen Werten, sondern übersetzen sie in eine holistische Repräsentation von Größe. Diese Vereinfachung genügt im Alltag zur Beurteilung großer Unterschiede meist. Runde Zahlen (z. B. 300) wirken auf uns anders als präzise (z. B. 287). Zum Beispiel verstärken sich Ankereffekte, wenn eine Zahl präzise und nicht gerundet vorgegeben wird. Bei Mengenschätzungen nutzen wir die Anzahl der Einheiten als Hinweis auf die Gesamtmenge. Daher wird eine Menge subjektiv umso höher geschätzt, je feiner sie unterteilt ist. Obwohl Zeit im Unterschied zu Geld nicht gespart werden kann, sind Menschen eher bereit, Zeit als Geld zu verschwenden. Wartezeiten werden besonders unangenehm erlebt, wenn sie ohne Ereignisse verstreichen, wenn sie noch vor dem eigentlichen Service liegen und wenn sie als unvorhersehbar oder unfair erlebt werden.
Kapitel 20 - Geld- und Preispsychologie
Insbesondere die Wahrnehmung von Preisen ist von charakteristischen Verzerrungen betroffen. So hängt unsere Sensibilität für Preise stärker von Ankerwerten ab als von der tatsächlichen Preishöhe oder gar von unserer Präferenz für das Produkt. Wir zahlen verhältnismäßig bereitwillig hohe Preise, wenn wir uns davon eine hohe Qualität versprechen, wenn wir mit einem hochpreisigen Produkt Prestige „erwerben“ oder wenn es um Geschenke geht. Die Kaufbereitschaft variiert stufenweise und nicht kontinuierlich mit der Höhe des Preises. Über das Kontinuum möglicher Preise verteilen sich gleich mehrere Schwellenpreise. Preise, die auf 9 enden, werden als besonders günstig wahrgenommen. Dies gilt vor allem dann, wenn sich bei der Erhöhung um eine Einheit auch die äußerste linke Ziffer erhöht. Einer der wichtigsten Faktoren für die subjektive Preiswahrnehmung ist die Aufteilung eines Gesamtpreises auf einzelne Elemente (z. B. Grundgebühr, Verbrauch, Einzelteile, Extras) sowie die Kommunikation des Preises nach außen (z. B. als „Ersparnis“ vs. „Gewinn“).
Kapitel 21 - Digitales Marketing und Onlinehandel
Digitales Marketing beruht auf der Nutzung elektronischer Medien zu Marketingzwecken. Beispiele hierfür sind die zielgenaue Präsentation von Werbeinformationen, das Einklinken in die Aktivitäten in sozialen Netzwerken oder das Verschmelzen der Marketingbotschaften mit der medialen Umgebung. Digitaler Handel findet selten ausschließlich online statt. In der Regel werden verschiedene Kanäle – online wie offline – kombiniert. Ein großes Problem des Onlinehandels ist die Umweltbelastung durch häufige Warenlieferungen, insbesondere wenn es zu Retouren kommt. Konsumpsychologische Beeinflussungsstrategien erweisen sich bei der Vermeidung von unnötigen Retouren als wirksam. Produktplatzierungen in Filmen, Spielen, Shows und anderen Programminhalten wirken sich positiv auf die Produkt- oder die Markenerinnerung aus. Einstellungswirkungen sind deutlich schwächer. Die Wirkung verbessert sich, wenn Produkte bei einer Produktplatzierung stark in den Programmkontext integriert sind. Auffällige und aufdringliche Platzierungen wirken allerdings weniger gut. Unser Verhalten im Internet erlaubt Rückschlüsse auf unsere Merkmale. Die Auswertung von Internetverhalten kann zur Prognose zukünftigen Verhaltens genutzt werden. Für diese Prognosen ist kein Verständnis von mentalen Prozessen, Absichten oder anderen psychologischen Größen erforderlich.
Kapitel 22 - Soziale Beeinflussung in digitalen Medien: Empfehlungsmarketing und Influencer
Produktbewertungen werden gelesen, um vor einer Kaufentscheidung ohne großen Aufwand glaubwürdige Informationen über ein Produkt zu erhalten und so das Risiko eines Fehlkaufs zu reduzieren. Typische Merkmale von Menschen, die gerne Onlinerezensionen schreiben, sind hohe Vernetztheit, Offenheit, Innovationsfreue und Loyalität gegenüber dem Unternehmen sowie hohe Produktexpertise. Auch wenn die meisten Onlinerezensionen positiv ausfallen, sind negative einflussreicher. Das Marketing mit Influencerinnen und Influencern ist eine Unterform des Empfehlungsmarketings. Ein entscheidendes Merkmal von Influencern ist ihre Nahbarkeit und ihre Authentizität, vor allem die Unterstellung, dass sie unbeeinflusst über Produkte urteilen. Das unterscheidet sie von prominenten Testimonials. Influencer sind auch deshalb erfolgreich, weil Menschen die grundsätzliche Neigung haben, das Verhalten von anderen als Ausdruck ihrer wahren Meinung und ihrer Persönlichkeit zu sehen. Obwohl Authentizität eines der wichtigsten Merkmale von Influencern ist, „funktionieren“ virtuelle Influencer nicht erheblich schlechter als echte.
Kapitel 23 - Messung der Werbewirkung und Methoden der Marktforschung
Bei den wissenschaftlichen Methoden kann man zwischen explorativer, deskriptiver und kausaler Forschung unterscheiden. Die stärksten Argumente für kausale Aussagen liefern Experimente. Qualitative Daten bestehen meist aus verbalem Material (etwa aus Interviews oder Gruppendiskussionen). Sie werden häufig für explorative Zwecke erhoben, eignen sich aber auch zum Testen von Hypothesen. Sowohl Werbemittel als auch Produkte können in der Entwicklung intensiv durch Marktforschung begleitet werden. Die Ergebnisse von Pretests können rückkoppelnd auf die Gestaltung wirken. Zur Messung von Aufmerksamkeit werden Konsumentenbeobachtung und Aufzeichnung der Blickbewegung eingesetzt. Beide Methoden eignen sich auch, um die Produkthandhabung zu untersuchen. Gedächtniseffekte werden mithilfe des freien und des unterstützten Erinnerns sowie des Wiedererkennungstests nachgewiesen. Tests für das implizite Erinnern sind noch immer selten. Motivation und Emotion der Konsumenten spielen bei der Messung von Werbewirkung eine besondere Rolle. Zur Messung werden z. B. projektive Verfahren, physiologische Reaktionen, Befragungen, Reaktionszeitmessung oder das semantische Differenzial eingesetzt.
Kapitel 24 - Psychologische Einflüsse auf Ergebnisse der Marktforschung
Psychologische Messungen müssen das Problem berücksichtigen, dass Menschen ihr Verhalten ändern, wenn sie wissen, dass sie beobachtet oder „gemessen“ werden. Auch Selbstauskünfte sind davon betroffen. Was eine Person über sich selbst sagt, unterliegt z. B. ihrer aktuellen Bedürfnislage, ihrer Erwartung, welche Konsequenzen sich aus ihrer Auskunft ergeben, oder ihrem Streben nach Konsistenz. In standardisierten Befragungen beeinflussen Fragen und Antwortvorgaben das Urteil, das doch eigentlich erst erhoben werden soll. Oft kommt es vor, dass Personen zu dem infrage stehenden Gegenstand keine Meinung haben, sondern ihre Antwort ad hoc aus verfügbaren Informationen konstruieren. Bei dieser Konstruktion verwenden sie vorzugsweise besonders wichtige, besonders hervorstechende und kurz zuvor aktivierte Informationen. Befragungssituationen werden von den Befragten ähnlich wie andere Kommunikationssituationen auch verstanden. Daher folgen Personen bei ihren Antworten üblichen Kommunikationsregeln. Zum Beispiel berücksichtigen sie, welche Information der Frager schon hat und welche Konsequenz ihre Antwort möglicherweise haben könnte.