Medienpsychologie
ISBN
978-3-540-46894-3

Inhalt

  1. Forschungsmethoden der Medienpsychologie

  2. Gesellschaftliche Kommunikation im Wandel der Geschichte

  3. Theoretische Perspektiven für die Medienpsychologie

  4. Medienwahlverhalten

  5. Kognitive Medienwirkungen

  6. Medien und Emotionen

  7. Gewalt in den Medien

  8. Medienvermittelte Kommunikation

  9. Mobilkommunikation

  10. Modelle und Evaluation der Werbewirkung

  11. Medienwirtschaft

  12. Psychologische Beiträge zum Verhältnis von Medien und Politik

  13. Medien-vermittelte Stereotype und Vorurteile

  14. Public Relations / Öffentlichkeitsarbeit

  15. Mediensozialisation und Medienkompetenz

  16. Mediennutzung und Medienwirkung bei Kindern und Jugendlichen

  17. Medienkonzeption

  18. Usability: Systematische Gestaltung und Optimierung von Benutzerschnittstellen

  19. Electronic Human Resource Management (E-HRM): Personalarbeit mit netzbasierten Medien

  20. Lehren und Lernen mit Multimedia und Internet

  21. Bedeutung der Medien für klinisch-psychologische Interventionen

  22. Medienethik

  23. Psychologie in den Medien

Zusammenfassungen

1. Forschungsmethoden der Medienpsychologie

  • Forschungsmethoden liefern die Werkzeuge für eine Überprüfung medienpsychologischer Theorien durch eine objektive und systematische Untersuchung realer Phänomene.
  • Jede empirische Untersuchung in der Medienpsychologie beruht auf Methoden der Datenerhebung, mit denen die theoretischen Konstrukte operationalisiert werden, auf
    • versuchsplanerischen Methoden, deren Wahl von der Art der untersuchten Hypothesen und Fragestellungen abhängt, und auf
    • statistischen Auswertungsmethoden, mit denen die Ergebnisse einer Untersuchung beschrieben (Deskriptivstatistik) und Hypothesen auf ihre Geltung in einer Grundgesamtheit überprüft werden (Inferenzstatistik).
  • Das Spektrum von medienpsychologischen Datenerhebungsmethoden reicht von mehr oder weniger stark standardisierten Beobachtungs- und Befragungsmethoden über psychologische Testverfahren bis hin zu kognitionspsychologischen und physiologischen Methoden.
  • Die Versuchspläne, die medienpsychologischen Untersuchungen zugrunde liegen, lassen sich einer populationsbeschreibenden, einer korrelativen oder einer (quasi-)experimentellen Forschungsstrategie zuordnen.
    • Bei populationsbeschreibenden Untersuchungen geht es um eine möglichst präzise Beschreibung der Verteilung von Merkmalen in einer Grundgesamtheit (z. B. einer bestimmten Bevölkerungsgruppe).
    • Bei korrelativen Untersuchungen, die entweder quer- oder längsschnittlich angelegt sein können, stehen Zusammenhänge zwischen Merkmalen im Vordergrund.
    • Experimentelle Untersuchungen und - mit gewissen Einschränkungen - quasiexperimentelle Untersuchungen eignen sich für die Überprüfung von Hypothesen über Ursache-Wirkung-Beziehungen.
  • Die häufigsten Methoden zur Auswertung der Daten, die in medienpsychologischen Untersuchungen erhoben werden, lassen sich als Spezialfälle des Allgemeinen Linearen Modells rekonstruieren. Dazu gehören Regressions-, Varianz- und Kovarianzanalysen sowie multivariate Auswertungsverfahren. Spezielle Auswertungsverfahren, die für medienpsychologische Fragestellungen von besonderem Interesse sein können, sind Mehrebenenanalysen, Metaanalysen, lineare Strukturgleichungsmodelle und Zeitreihenanalysen. Inhaltsanalysen von Medienangeboten und anderen qualitativen Daten sind systematische interpretative Verfahren, die zu quantitativ auswertbaren Daten führen.

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2. Gesellschaftliche Kommunikation im Wandel der Geschichte

Dieses Kapitel zeigt, dass sich die Kommunikations- und Mediengeschichte in drei große Phasen unterteilen lässt, wobei die Übergänge jeweils durch revolutionäre Veränderungen ausgelöst wurden: In einer ersten Phase basierte soziale Kommunikation über einen Zeitraum von Tausenden Jahren hinweg, bis in die Antike bzw. ins Mittelalter hinein, vorwiegend auf Versammlungskommunikation. Mit deutlich anwachsenden und zunehmend differenzierten Gesellschaften war die soziale Kommunikation jedoch nur noch mittels Kommunikation über Distanz umfassend zu bewerkstelligen. Dies kennzeichnet den ersten revolutionären Wandel gesellschaftlicher Kommunikation und die zweite Phase in der Kommunikationsgeschichte, die bis Mitte/Ende des 19. Jh. dauerte.

  • Sie ist zunächst davon geprägt, dass sich der Akt der Mitteilung von dem ihrer Vermittlung löst.
  • Mit der Fernkommunikation setzte zudem eine Medien-Evolution ein, die eine immer rationellere Ausgestaltung der Kommunikation über Distanz ermöglichte. Diese wurde den sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen und Bedürfnissen laufend angepasst, in Wechselwirkung mit technischen Innovationen.
  • Dieser Wandel war insbesondere von einer zunehmenden Konzentration der Kommunikationsver-mittlung gekennzeichnet, sowohl auf der Ebene der Medien als auch hinsichtlich der Selektion der vermittelten Kommunikationspartner sowie der einzelnen Mitteilungen.
  • Als erstes Massenmedium entstand zu Beginn des 17. Jh. aus handgeschriebenen Vorläufern die Zeitung.
  • Im weiteren Zeitverlauf und mit der Ausdifferenzierung der Massenmedien gewann die Unterhaltungsfunktion zunehmend an Bedeutung.
  • Im 18. und 19. Jh. traten an die Stelle von Pressemedien, die tendenziell die Funktion eines Kommunikationsforums erfüllten, im Zusammenhang mit sozialpolitischen Veränderungen zunehmend Meinungsblätter, die einseitig und parteilich vermittelten. Dazu kam eine immer stärkere Selektion der Nachrichten, da die Zeitungen zur zentralen Arena der Öffentlichkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen wurden.
  • Die ab Mitte des 19. Jh. aufkommende Presse- oder Öffentlichkeitsarbeit war eine Gegenreaktion auf die beiden letztgenannten Entwicklungen, da gesellschaftliche Akteure bzw. Organisationen auf diese Weise versuchten, ihre Präsenz in der massenmedialen Öffentlichkeit zu sichern.

In diese evolutionären Prozesse hinein brach im 19. Jh. mit der Nutzung der Elektrizität eine zweite revolutionäre Veränderung, die den Beginn einer dritten Phase in der historischen Entwicklung darstellt. Diese dauert noch keine 200 Jahre an und ist gekennzeichnet von Fernkommunikation mittels eigenständiger Informations- bzw. Kommunikationsnetze sowie elektronischer Medien. Auch diese haben evolutionäre Prozesse durchlaufen und mit dem Internet einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Daneben spielen die Pressemedien weiter eine wichtige Rolle, haben sich aber ebenfalls gewandelt.

Nach und nach wurden im Zuge dieser Entwicklungen einige Eigenschaften der Versammlungskommunikation als »ursprünglicher« Form sozialer Kommunikation mit Hilfe der Technik zurückgewonnen, zu ihrer vollständigen Wiederherstellung ist es jedoch nicht gekommen. An die Stelle der Versammlungskommunikation als zentrale Kommunikationsform ist in modernen Gesellschaften die Massenkommunikation getreten - das gilt unverändert seit den Anfängen der Zeitung im späten 16. bzw. Anfang des 17. Jh. bis ins heutige Internetzeitalter hinein.

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3. Theoretische Perspektiven für die Medienpsychologie

Drei theoretische Perspektiven zur Bearbeitung medienpsychologischer Domainprogramme:

Die Medienpsychologie ist bisher eher durch einen Forschungstyp gekennzeichnet, den Theo Herrmann (1976) »psychologische Domainprogramme« genannt hat: Für die wissenschaftliche Aufklärung vorliegender Problemfelder (z. B. Computerspiele) werden geeignete Explikationsmittel, d. h. (vorhandene) Theorien und Konzepte, gesucht. Zur Bearbeitung medienpsychologischer »Domänen« stehen drei theoretische Perspektiven zu Verfügung:

  1. Theorien und Konzepte aus anderen psychologischen Teildisziplinen
  2. Eigenständige medienpsychologische Theorieentwicklungen
  3. Theorien und Konzepte aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen.

Theorien und Konzepte aus anderen psychologischen Teildisziplinen:

  • Motivation, Emotion, Wahrnehmung, Lernen und Denken als Gegenstände der allgemeinen Psychologie sind für die Medienpsychologie unmittelbar relevant. Mit Hilfe des kognitionswissenschaftlichen Schema-Konzepts können wissensbezogene Voraussetzungen für das Verstehen und die Verarbeitung von Medieninhalten modelliert werden.
  • Sozialpsychologisch lassen sich Einflüsse anderer in den Medien, Einflüsse anderer auf die Mediennutzung und auch der Einfluss anderer bei computervermittelter im Vergleich zu Face-to-Face-Kommunikation untersuchen.
  • Unter differentiell-psychologischer Perspektive werden Persönlichkeitsmerkmale als Prädiktoren, abhängige Variablen sowie Moderatorvariablen der Medienwahl bzw. Mediennutzung eingesetzt. Sozial-kognitive Person-Variablen (z. B. Erwartungen, Ziele, Einschätzungen) mediieren als interne dynamische Prozesse Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Medienwahl bzw. - nutzung.
  • Entwicklungspsychologisch erfordert der Umgang mit Medien Wissen, das im Laufe der Sozialisation durch selbstgesteuertes entdeckendes Lernen oder durch gezielte Erklärungen und Instruktionen anderer erworben wird. Medien werden gerade von Jugendlichen vermutlich auch genutzt, um Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Umgekehrt ist der Erwerb von Medienkompetenz eine immer wiederkehrende und damit lebenslange Entwicklungsaufgabe.

Eigenständige medienpsychologische Theorieentwicklungen:

  • Der Theorie der Erregungsübertragung (Zillmann, 1996) zufolge werden sich nur langsam abbauende sympathische Erregungsreste emotionsinduzierender Filmszenen auf nachfolgende Szenen übertragen und intensivieren ihren emotionalen Gehalt sozusagen »künstlich«. Da in Filmen und auch in Computerspielen mehrere emotionsauslösende Szenen in schneller Abfolge dargeboten werden können, kann es zu einer Übertragung und Aufschaukelung mehrerer Erregungsreste über die filmischen Auslöser hinweg und damit zu besonders intensiven Emotionen kommen.
  • Auf internationaler Ebene hat sich das interdisziplinäre Forschungsprogramm zum Konzept des Präsenzerlebens in virtuellen Umgebungen etabliert. Präsenz (»presence«) meint das Erleben des »da Seins« (»being there«) in einer medienvermittelten Umwelt.

Theorien und Konzepte aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen:

  • Die Kommunikationswissenschaft versteht sich als transdisziplinäre Integrationswissenschaft und wird manchmal in einem Atemzug mit der bzw. den Medienwissenschaft(en) genannt. Im Mittelpunktder Kommunikationswissenschaft steht die massenmedial vermittelte öffentliche Kommunikation. Dieses Forschungsfeld bietet für die Medienpsychologie eine interessante Perspektive, wenn es z. B. darum geht, wie medienpsychologische Befunde massenmedial aufbereitet und rezipiert werden.
  • Die soziologische Perspektive basiert auf der Prämisse, dass die Mediennutzung in jeweils vorhandene kulturelle Normen, Traditionen, Praxen, Bildungsstandards u. a. eingebettet ist und auch von objektiven Bedingungen der Versorgung und Ausstattung mit Kommunikationstechnologien und Medien sowie deren rechtlich-politischer Verfasstheit abhängt. Als besonders bedeutsam für eine soziologische Erklärung der Mediennutzung hat sich das theoretische Konzept des Milieus erwiesen. Milieus sind mit bestimmten Mustern der Mediennutzung assoziiert und werden durch diese mitbestimmt. Milieus und Lebensstile sind Cluster aus soziodemografischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, Bildung, Beruf), spezifischen Verhaltensweisen, Wertvorstellungen, Lebensauffassungen, Alltagsästhetiken und auch Konsummustern. Als Beispiele wurden die Sinus-Milieus und die von Schulze (1992) identifizierten Milieus der Erlebnisgesellschaft genannt. Eine soziologische Interpretation speziell für die Nutzung von Computerspielen bietet das soziologische Konzept der Jugendszene, das sich als posttraditionale Form der Vergemeinschaftung versteht.
  • Die Reflexion über Medien reicht in unserer abendländischen Kultur bis ins Altertum zurück und beginnt mit Platons Phaidros-Dialog, in dem die Vorzüge der mündlichen Rede gegenüber geschriebenen Texten erörtert werden. Philosophische und kulturwissenschaftliche Medientheorien basieren zum Teil auf einem weiteren Medienbegriff, der z. B. auch die Sinne als Wahrnehmungsmedien begreift. Zudem werden medienhistorische und wertende (technopessimistisch vs. technooptimistisch) Perspektiven einbezogen. Als Beispiel für ein kulturwissenschaftliches Konzept wurde McLuhans berühmtes Diktum »Das Medium ist die Botschaft« bzw. das »Medium ist Massage« auf den eingangs zitierten T-Shirt-Spruch und die kognitionspsychologische Computermetapher angewendet und kritisch diskutiert.

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4. Medienwahlverhalten

Dem Thema „Medienwahl" kann man sich auf vielen Wegen nähern. Menschen, welche in der Werbewirtschaft arbeiten oder sich mit der Produktion von Geräten zur Darstellung von Medieninhalten bzw. zur Kommunikation mit Hilfe von Medien beschäftigen, werden sich vermutlich besonders für Zahlen zur Verbreitung von Medien interessieren. Fragen, die in diesem Rahmen gestellt werden, sind:

  • Wer nutzt welche Medien?
  • Ist der Markt für ein bestimmtes Medienprodukt bereits gesättigt?
  • Sind Substitutionseffekte zwischen einzelnen Medien zu erwarten?
  • Welche Medientrends lassen sich bereits jetzt ausmachen?

Dabei ist feststellbar, dass die Nutzung von Medien in den vergangenen Jahren stetig zugenommen hat und bei einigen Produkten bereits Marktsättigungseffekte zu erkennen sind. Die Kombination von verschiedenen Medien in einem Gerät lässt dabei altbekannte Grenzen zwischen den Medien verschwimmen. Dies stellt eine Herausforderung an die Medienkompetenz der Nutzerinnen und Nutzer dar. Zugleich ist dieser Trend eine besondere Herausforderung für Forschende, da viele Theorien und Ansätze zur Medienwahl noch von einer klaren Trennung zwischen den Medien ausgehen. In diesem Kapitel wurden der Uses-and-Gratifications-Ansatz und die Mood-Management-Theorie getrennt voneinander betrachtet. Beide Ansätze sind eigenständig und unterscheiden sich in einer Reihe von Punkten voneinander. Beispielsweise postuliert der Uses-and-Gratifications-Ansatz, dass die Medienwahl ein willentlich gesteuerter Vorgang ist, der für den Rezipienten eine bestimmte Funktion erfüllt. Die Mood-Management-Theorie würde dies eher verneinen und entgegnen, dass Medienwahl zum Ziel hat, den Rezipienten die Regulation von emotionalen Erregungszuständen zu ermöglichen, und dass diese Regulationsprozesse unbewusst ablaufen. Trotz dieser Unterschiede weisen die beiden Ansätze eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf.

  • So beschäftigen sich beide Theorien vor allem mit der Auswahl von Unterhaltungsangeboten,
  • beide gehen davon aus, dass die Medien ausgewählt werden, um einen positiven Effekt beim Rezipienten zu erzielen und schließlich
  • vernachlässigen beide Ansätze die soziale Dimension, in welcher Medienwahl stattfindet.

Auch Forschungsarbeiten, welche nach Zusammenhängen zwischen Persönlichkeitsfaktoren und der Medienwahl suchen, berücksichtigen nur selten den sozialen Rahmen der Medienwahl. Eine Ausnahme, welche in diesem Kapitel nicht diskutiert wurde, aber dennoch bedeutsam ist, bilden Studien zum Zusammenhang zwischen dem Persönlichkeitskonstrukt „Meinungsführerschaft" und dem Einfluss von Personen mit hohen Werten in Meinungsführerschaft auf ihr soziales Umfeld (Rogers & Svenning, 1969; Saunders, Davis & Monsees, 1974; Tsang & Zhou, 2005; Workman & Johnson, 1993; Zaller, 1990). Batinic und Appel (2008) konnten in diesem Sinne mit Hilfe von zwei Feldexperimenten zeigen, dass Personen mit hohen Werten in Meinungsführerschaft die Kinofilmwahl ihres sozialen Umfelds beeinflussen.

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5. Kognitive Medienwirkungen

  • Neue Wirkungsphänomene als Indiz für starke Medieneffekte: Die Medienwirkungsforschung hat sich ab 1970 verstärkt mit neuen kognitiven Wirkungsphänomen zu beschäftigen begonnen. Diese Entwicklung wurde nicht zuletzt von der Aussicht getragen, die Stagnation der am Einstellungskonzept orientierten Forschung zu überwinden. Der Perspektivenwechsel initiierte umfangreiche, dynamische und facettenreiche Forschungsaktivitäten, die bis heute anhalten. Als Forschungsertrag dokumentiert eine Vielzahl an empirischen Belegen die prägende und einflussreiche Rolle der Medien - für die Wahrnehmung der Welt und die Konstruktion von sozialer Realität durch die Mediennutzer; Stichwort: »return of the concept of powerful mass media« (Noelle- Neumann, 1973).
  • Randbedingungen und mediatisierende Faktoren: Gleichzeitig versuchte die Darstellung der vier wichtigsten theoretischen Perspektiven und ihrer jeweils spezifischen Wirkungsphänomene - Agenda- Setting, Publikums-Frames, Wissensklüfte und Realitätsvorstellungen - aufzuzeigen, dass solch »starke« Medienwirkungen sich nicht quasi automatisch entfalten, sondern immer an jeweils spezifische Bedingungen geknüpft sind, die sie befördern oder auch hemmen. Hierzu zählen soziale und psychische Prädispositionen der Mediennutzer ebenso wie quantitative und qualitative Merkmale der medialen Angebote, bestimmte Modi der Medienzuwendung oder schlicht und einfach die Möglichkeit, medienvermittelte Realitätsentwürfe zu unvermittelten Erfahrungen ins Verhältnis setzen zu können.
  • Aktiver Rezipient und dynamisch-transaktionale Perspektive: Im Zuge dieser differenzierten Erkenntnisse hat sich auf der theoretischen Ebene die Einsicht durchgesetzt, dass sich medieninduzierte Effekte nicht länger nur als das Ergebnis einer linearen und einseitigen Realitätsvermittlung modellieren lassen, sondern als das Resultat aktiver, dynamischer und wechselseitiger Prozesse der Realitätskonstruktion gedacht und auch erforscht werden müssen (vgl. Früh, 1991).
  • Drei Einschränkungen: Hinsichtlich der Verallgemeinerbarkeit der zurzeit vorliegenden Befunde sind mindestens drei Vorbehalte ernst zu nehmen.
    1. Die Erforschung der kognitiven Medieneffekte konzentriert sich relativ stark auf das Anwendungsfeld der politischen Kommunikation (speziell die Wahlkampfkommunikation), was die Übertragbarkeit der Erkenntnisse relativiert.
    2. Es hat sich gezeigt, dass die Überprüfung der vier thematisierten Effekttypen ein methodisches Instrumentarium - Kombination von Inhaltsanalyse und Befragung sowie Paneldesigns - verlangt, dem die Forschungsrealität nur in seltenen Fällen gerecht zu werden vermag.
    3. Die vorliegenden Befunde sind unter der Bedingung eines mehr oder weniger begrenzten und homogenen Medienangebots - Stichwort: Fernsehen - gewonnen worden. Unklar ist, wie sich neuere Entwicklungen wie Kanalvermehrung, Informationsüberfluss, Fragmentierung, Marginalisierung oder zielgruppengerechte Bereitstellung und Nutzung auswirken.

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6. Medien und Emotionen

  • Emotionen sind aktuelle psychische Zustände, die zeitlich begrenzt sind und einen konkreten (realen oder vorgestellten) Auslöser haben. Personen empfinden spezifische Emotionen (z. B. Freude, Wut, Angst, Trauer, ...) auch, wenn sie durch Medien vermittelt auftreten (z. B. durch die Bobachtung, dass eine Akteurin traurig ist). Dieses uns allen im Alltag wohl vertraute Phänomen der medienvermittelten Emotionen stellt für die Emotions- und Medienpsychologie ein keineswegs triviales, einfach zu erklärendes Problem dar. Dazu werden hier zum einen das Konstrukt der Präsenz und zum anderen die Drei-Faktoren-Theorie von Zillmann (2004a) herangezogen.
  • Emotionale Wirkungs- und Nutzenaspekte wurden vornehmlich im Bereich der Fernseh- und Filmangebote untersucht. Offensichtlich sind Medienrezipienten in der Lage, Emotionen über Medienangebote strategisch zu erzeugen oder auch zu vermeiden. Erklärungen hierzu liefert die hier ausführlicher behandelte Theorie des »mood management« (Stimmungsmanagement), die eine Verhaltenstendenz beschreibt, bei der Menschen ihre (Fernseh-)Angebote so auswählen, dass ein erwünschter emotionaler Zustand erreicht wird. Die Erfahrung, die sie dabei machen, führt dazu, dass auch zukünftig eine solche Auswahl getroffen wird, die gute Stimmung maximiert und schlechte Stimmung minimiert (Zillmann, 1988). Um weitere Varianten des strategischen Rezeptionsverhaltens - wie die Suche nach extremer Spannung - erklären zu können, müssen jedoch zusätzlich Persönlichkeitsmerkmale wie das »sensation seeking« betrachtet werden.
  • Weitere Beispiele für die emotionale Wirkungs- und Nutzenforschung ist die Forschung zum prosozialen Verhalten - d. h. zu der Frage, ob und in welchem Ausmaß Medien, insbesondere das Fernsehen, zur Ausbildung prosozialen Verhaltens ihrer Konsumenten beitragen bzw. beitragen können - und zur parasozialen Interaktion bzw. der parasozialen Beziehung. Dabei wird die Ausbildung einer prosozialen Orientierung ganz allgemein durch ein Lernen am Modell erklärt (Bandura, 1977), wobei das Individuum im Laufe seiner Entwicklung entsprechendes Verhalten beobachtet und - günstigerweise bei mehrfacher Beobachtung - als verhaltenswirksames kognitives Schema bzw. kognitives Skript im Gedächtnis speichert. Wesentlich ist, dass dafür sowohl medial vermittelte Inhalte als auch der Vergleich mit der eigenen gesellschaftliche Situation ausschlaggebend zu sein scheint. Das Konstrukt der parasozialen Interaktion bzw. parasozialen Beziehung (Horton & Wohl, 1956) wurde im deutschsprachigen Raum in einer groß angelegten Untersuchung von Gleich und Burst (1996) untersucht. Parasoziale Interaktionen, bei denen Rezipienten beispielsweise zu ihnen nur über das Fernsehen bekannten TV-Moderatoren in eine einer sozialen vergleichbaren Interaktion treten, können aber durchaus auch einen »therapeutischen Effekt« haben.
  • Schließlich wird als weiterer Erlebnisbereich medienvermittelter Emotionen das Thema Sexualität insbesondere in der Ausprägung des pornographischen Films mit seinen spezifischen Subgenres behandelt, wobei zur Erklärung der Wirkung von Pornographie eine Reihe allgemein- und persönlichkeitspsychologischer Theorien herangezogen werden kann.

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7. Gewalt in den Medien

Wie die obigen Ausführungen nahelegen, wirken violente Medieninhalte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht besänftigend auf Rezipienten. Wenn Mediengewalt Effekte hat, dann sind es unter den meisten Umständen wohl eher negative. Allerdings mag es auch lohnen, die Debatte um die Gefährlichkeit von Mediengewalt aus einiger Entfernung zu betrachten. Dadurch lassen sich mögliche Metawirkungen konzipieren. Hier geht es also nicht mehr um die unmittelbare Wirkung von Medienangeboten, sondern um die Wirkung der Debatte darüber. An dieser Stelle scheint uns in nächster Zeit Forschungsbedarf gegeben zu sein.

  • Ohne die Gefährlichkeit violenter Medieninhalte zu unterschätzen, sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass die Medien nur ein Faktorsind, dass sie möglicherweise »lediglich« Handlungsmuster für Gewalttaten bieten, dass es jedoch weitaus mehr, vielleicht wichtigere Faktoren gibt, die letztlich dazu führen können, dass jemand gewalttätig wird. Medien taugen also nicht als alleiniger Sündenbock. Es wäre auch viel zu leicht, uns selbst als Eltern, Lehrer, Erzieher und Mitmenschen so aus der Verantwortung zu stehlen. Auch wir sind verantwortlich dafür, dass unsere Kinder unaufmerksamer und aggressiver werden. Nicht nur die Medien gestalten die soziale Umwelt, in der wir leben, wir selber tun das genauso.
  • Was also von der wissenschaftlichen Diskussion zurückbleibt, ist die nicht immer zufriedenstellende Erkenntnis, dass monokausale Schlüsse meist zu kurz greifen: Aggressives antisoziales Verhalten entsteht nicht plötzlich aufgrund einer einzelnen Medienrezeption, sondern steht meist am Ende einer Verkettung von sozialen bzw. situativen und personenspezifischen Faktoren. Mediengewalt ist dabei ein Faktor unter mehreren, möglicherweise nicht einmal der wichtigste, wenn es darum geht, reales aggressives Verhalten zu erklären. Mediengewalt stellt aber sicherlich ein Risiko dar; die dauerhafte Rezeption entsprechender Inhalte erhöht einfach die Chance, selbst aggressiv zu sein.

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8. Medienvermittelte Kommunikation

Kommunikation wird als zielgerichteter, wechselseitig aufeinander bezogener medienvermittelter Prozess der Bedeutungsübermittlung definiert und stellt damit nach unserem Verständnis einen Spezialfall sozialer Interaktion dar.

  • Eine zentrale Begriffskomponente, die Kommunikation von sozialer Interaktion allgemein unterscheidet, ist die Botschaft. Die Idee der Bedeutungsübermittlung, d. h. »einer zu verschiedenen Orten tragbaren und damit ›übertragbaren‹ Botschaft « war die einflussreichste Idee in der Geschichte der Kommunikationswissenschaft (Krippendorf, 1994, S. 85). Sie liegt einer Reihe der in den 7 Abschnitten 8.2 und 8.3 dargestellten Modelle zugrunde, z. B. dem Signalübertragungsmodell, dem funktionalen Ansatz der Kommunikation und dem Messaging Threshold Modell. Jedes Modell begrenzt die Menge der denkbaren Möglichkeiten, legt damit bestimmte Wirklichkeitskonstruktionen nahe und schließt andere aus. Kommunikationsmodelle sind nicht überall und zeitlos gültig, sondern spiegeln einen bestimmten technologischen und gesellschaftlichen Stand wider. Kommunikationstechnologien wie das Druckwesen, das Radio, die Computertechnologie beeinflussen sowohl unser alltägliches als auch unser wisenschaftliches Verständnis von Kommunikation. Und umgekehrt treiben die verwendeten Modelle den technologischen Fortschritt selbst voran (vgl. Krippendorf, 1994, S. 103).
  • Die menschliche Kommunikation ist mit der Verbreitung der Computertechnik um ein Medium erweitert worden. Dieses hat die herkömmlichen Medien nicht ersetzt, wie einige Forscher/innen (Mettler-von Meibom, 1994) befürchtet hatten, sondern hat das Spektrum an Kommunikationsmöglichkeiten erweitert. So nutzen Menschen, die häufig miteinander in Kontakt treten, neben E-Mail und Chat auch das Telefon und treffen sich von Angesicht zu Angesicht (Shklovski, Kraut & Rainie, 2004).
  • Die Forschung zur computervermittelten Kommunikation hat bislang vor allem zu zwei grundlegenden Erkenntnissen geführt.
    1. Mit dem neuen Medium sind neue Restriktionen in der Kommunikation aufgetaucht. Diese Restriktionen sind jedoch keine exklusive Eigenschaft der cvK, sondern können als Kontinuum gedacht werden, auf dem sich alle Kommunikationsmedien bewegen. Die Medieneigenschaften als Kontinuum zu konzipieren, setzt den technikpessimistischen Ansätzen die Idee der Medienpassung entgegen. Zu jeder Aufgabe und jedem Kommunikationsziel lässt sich ein passendes Medium finden - und dies ist nicht immer die Face-to-Face-Kommunikation.
    2. Es wird zunehmend deutlich, dass die Kommunikation via Computer ähnlich komplex ist wie die Face-to-Face-Kommunikation. Der derzeitige Stand der Forschung bietet keinen Anlass anzunehmen, in cvK könnten sich keine Freundschaften entwickeln, könnte nicht gestritten oder geliebt werden. Auch Normen, Stereotype und Statusunterschiede beeinflussen die cvK weit mehr als zunächst angenommen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Abläufe selber sehr unterschiedlicher Natur sind. Deshalb wird die einfache Übertragung der bekannten Konstrukte aus der Face-to-Face-Kommunikation und der Theorien zu ihrem Einfluss kein tieferes Verständnis der cvK eröffnen.
  • Mit den in diesem Kapitel dargestellten Theorien sind erste Schritte getan, um die vielschichtigen Prozesse der cvK genauer zu erklären. Allerdings ist die stark auf ein bestimmtes Medium hin ausgerichtete Formulierung einer Theorie nicht fruchtbar, da sie der Technikentwicklung stets hinterherläuft. Nur durch die Identifikation generischer Merkmale von Medien, wie es u. a. in den hier vorgestellten Theorien versucht wird, lassen sich grundlegende medienbedingte Prozesse und Auswirkungen in der Kommunikation erklären. Nur so können auch Ansprüche an die Gestaltung von Medien begründet werden.

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9. Mobilkommunikation

Der vorliegende Beitrag erläutert, dass sich aus der Perspektive sämtlicher psychologischer Subdisziplinen neue Forschungsfelder im Zusammenhang mit Mobilkommunikation erschließen lassen. Darüber hinaus sind Mobilmedien auch in vielen benachbarten sozialwissenschaftlichen Fächern ein Thema, dem wachsende Bedeutung geschenkt wird:

  • So befasst sich etwa die Soziologie mit gesellschaftlichen Veränderungen im Zuge der Nutzung von Mobilmedien und beispielsweise auch mit den Effekten auf Entwicklungsländer (Castells, Qui, Fernandez-Ardevol & Sey, 2006).
  • Die Politikwissenschaft betrachtet unter anderem, wie sich Bürgerprotest mit Hilfe von Handys effizienter organisiert und sich »smart mobs« bilden (Rheingold, 2002), oder wie Regierungen mobile Bürgerdienste sicher und kostengünstig anbieten können (M-Government; Kushchu, 2007).
  • In der Medizin spielt die Mobiltechnologie eine wachsende Rolle für Diagnose, Beratung, Therapie (M-Health; Istepanian, Laxminarayan & Pattichis, 2005).
  • Die Sprachwissenschaft befasst sich unter anderem mit den sprachlichen Besonderheiten der Handy- Kommunikation (www.mediensprache.net).
  • Für die Religionswissenschaft sind das Handy und seine spirituellen Bedeutungen und Gebrauchsweisen einschlägige Themen (z. B. Katz, 2006).

Während bereits erste psychologische Mobilkommunikations- Studien vorliegen, sind die meisten in diesem Kapitel angesprochenen sowie viele weitere Forschungsfragen noch offen. Sich diesen Forschungsfragen zuzuwenden ist aus mindestens zwei Gründen sinnvoll:

  • Zum einen kann die Mobilkommunikation als Handlungsfeld begriffen werden, in dem sich etablierte psychologische Theorien einer neuen empirischen Bewährungsprobe stellen müssen, woraus sich möglicherweise Anhaltspunkte für konzeptuelle Verfeinerungen und theoretische Neuentwicklung ergeben.
  • Neben diesem grundlagenwissenschaftlichen Argument ist ein anwendungsbezogenes Argument ins Feld zu führen: Wenn wir uns eine mobile Mediengesellschaft wünschen, deren soziotechnische Ausgestaltung menschenfreundlich ist, dann ist es notwendig, psychologische Aspekte umfassend zu untersuchen, da diese wiederum die Förderung von Medienkompetenz unterstützen sowie eine menschengerechte Medienkonzeption und Medienökologie ermöglichen.

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10. Modelle und Evaluation der Werbewirkung

In diesem Kapitel wurden zunächst verschiedene Werbewirkungsmodelle vorgestellt und in eine systematische Abfolge gebracht.

  • Stufenmodelle wurden zunehmend kritisiert und durch Alternative-Wege-Modelle abgelöst, wobei insbesondere danach unterschieden wird, von welchem Involvementniveau der Rezipienten ausgegangen werden kann.
  • Die vorgestellten Wirkungsmodelle haben verschiedene Funktionen, sie erklären, orientieren, helfen die komplexen Forschungsbefunde zur Werbewirkung zu erklären und stellen auch einen Hintergrund für die angemessene Messung der Werbewirkung dar. Die Werbewirkung, hier zu unterscheiden vom (ökonomischen) Werbeerfolg, kann auf unterschiedlichen Ebenen gemessen werden, und das Kapitel stellte eine Auswahl von entsprechenden Methoden vor.
  • Auch wenn das Gesamtprogramm einer Marketingkampagne im Wirtschaftsbereich, zu dem in der Regel auch Werbung gehört, letztlich ökonomischen Zielen dient, ist ein tieferes Verständnis der Wirkweise von Werbung ohne psychologisches Wissen kaum möglich, was zu einem oftmals planlosen und wenig zielführenden Einsatz von Werbung beiträgt.

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11. Medienwirtschaft

Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Medienwirtschaft kann prinzipiell auf zwei Wegen gemessen werden:

  • durch Addition der Umsätze auf allen Medienproduktmärkten (funktionale Abgrenzung) und dem Vergleich dieses Wertes mit der gesamten Nachfrage nach Gütern oder
  • durch Addition der Wertschöpfung (oder der Erwerbstätigen) in allen Medienbranchen (institutionelle Abgrenzung) und dem Anteil dieses Wertes an der gesamten Produktion - die dem Bruttoinlandsprodukt entspricht.

In beiden Fällen ist es notwendig, exakt zu definieren, was unter einem Medienprodukt zu verstehen ist:

  • Bei einer engen Definition werden als Medienprodukt nur Waren (materielle Güter) und Dienstleistungen (immaterielle Güter) gezählt, die bei der Produktion und Distribution von Medieninhalten (Content) hergestellt bzw. erbracht werden.
  • Häufig wird der Medienbegriff allerdings deutlich umfassender gebraucht und es werden in einer weiten Definition auch IuK-Dienste(Dienstleistungen der Datenverarbeitung und der Telekommunikation) sowie IuK-Technik (Medien-, Informations- und Telekommunikationstechnik) hinzugerechnet.

Selbst bei einer weiten Abgrenzung der Medienwirtschaft ist ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung in Deutschland allerdings geringer, als es die Allgegenwart der Massenmedien im Alltag vermuten lässt. Der Anteil an der Gesamtwirtschaft liegt seit Jahrzenten konstant bei etwas unter3 % (enge Definition) bzw. unter 6% (weite Definition). 
Die gesellschaftliche Bedeutung der Medienwirtschaft liegt vor allem darin begründet, dass in den Medienunternehmen die Entscheidungen über die Anbieterstruktur auf Medienmärkten sowie über die Vielfalt und Qualität des Medienangebotes getroffen werden:

  • Dabei ist nur ein Teil der Anbieter als Non-Profit-Unternehmen gesetzlich auf ein pluralistisches und qualitativ hochwertiges Angebot verpflichtet (die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten).
  • Der überwiegende Teil der Medienunternehmen folgt dagegen einem Gewinnmaximierungsziel und orientiert sich deshalb vorwiegend an den Qualitätsansprüchen ihrer Kunden.

Die Entscheidungen der Medienunternehmen über ihre eigene Größe oder ihre interne Organisationsstruktur determiniert die Zahl der Anbieter auf Medienmärkten, die Entscheidungen über die Art der produzierten Medienprodukte Vielfalt und Qualität des Medienangebotes. Diese Entscheidungen hängen systematisch auch von branchentypischen Besonderheiten der Medienwirtschaft ab:

  • zum einen von besonderen Produkteigenschaften (z. B. sind Medien zum großen Teil Vertrauensgüter) und von speziellen Kostenstrukturen der Medienproduktion (z. B. Größenvorteile durch First- Copy-Cost). Beide Eigenschaften fördern die Medienkonzentration, d. h. eine geringe Zahl von Anbietern.
  • Einen wesentlichen Einfluss auf das Medienangebot hat auch die Werbefinanzierung vieler Medieninhalte. Die Medienunternehmen müssen sich dann nicht nur an den Anforderungen der Mediennutzer (Rezipienten) orientieren, sondern auch an der Nachfrage der Werbetreibenden nach qualitativen und quantitativen Leistungen von Werbeträgern. Sie bevorzugen z. B. Medien mit einem jungen und konsumfreudigen Publikum.

In Deutschland wie in den meisten anderen demokratischen Ländern gibt es deshalb spezielle Institutionen der Medienregulierung, die die Aufgabe haben, Marktmacht (als Gefahr für überhöhte Preise und schlechte Qualität der Medienprodukte) und Meinungsmacht (als Gefahr für eine einseitige Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch mangelnde Vielfalt) zu verhindern.

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12. Psychologische Beiträge zum Verhältnis von Medien und Politik

In modernen westlichen Gesellschaften werden politische Botschaften von klassischen Massenmedien (Zeitungen, Radio und Fernsehen) und neuen Medien (Internet) nicht nur übertragen, sondern kunstvoll inszeniert und auf ein Zielpublikum zugeschnitten, das zugleich intensiv beobachtet wird. Medienpsychologie richtet sich auf die Untersuchung von Effekten auf der Seite des Empfängers medienvermittelter Botschaften. Um solche Botschaften angemessen zu untersuchen, bewegt sich psychologische Forschung zum Verhältnis von Politik und Medien in einem Feld, das in diesem Kapitel aus zwei Blickwinkeln betrachtet wird:

  • der historische Perspektive sowie
  • der auf die Untersuchung von Medieneffekten gerichteten Perspektive.

Am deutlichsten tritt die historische Perspektive bei Untersuchungen zum Einstellungswandel hervor, die in den 40er und 50er Jahren des letzten Jahrhunderts mit den Arbeiten der Yale-Gruppe um Carl I. Hovland einsetzen und über Zwei-Prozess-Modelle bis zu den Ein-Prozess-Modellen reichen. Aber auch die angemessene Nutzung von Methoden wie z. B. Experimente und Inhaltsanalysen erweist sich im historischen Rückblick als Schlüssel, um ein differenziertes Bild des Verhältnisses von Politik und Medien zu gewinnen. Den Schwerpunkt dieses Kapitels bildet die auf Medieneffekte gerichtete Perspektive. Dargestellt wird, dass zur grundsätzlichen Frage, ob Medienbotschaften überhaupt Effekte bei Rezipienten auslösen können, zunächst unfruchtbare Extrempositionen vertreten wurden. Solche Positionen besagen im Kern:

  • »Medienbotschaften haben massive Effekte« (starke These der Medienbeeinflussung), bzw. ihr direktes Gegenteil, d. h.
  • »Effekte von Medienbotschaften sind vernachlässigbar gering« (Minimal Effects Model).

Erst die Verabschiedung von solchen Positionen und die Nutzung angemessener Forschungsmethoden machten den Weg frei für die Untersuchung von Medieneffekten. Dabei gewinnen auch Modelle der indirekten Medienbeeinflussung an Bedeutung. Dazu zählen

  • der Kultivierungsansatz von Georg Gerbner,
  • die Theorie der Schweigespirale von Elisabeth Nölle-Neumann sowie
  • die Agenda-Setting-Hypothese

Das Spektrum dieser Medieneffekte umfasst klassische Themen wie Persuasion und Glaubwürdigkeit und schließt auch neue oder tagesaktuelle Themen (politische Partizipation) mit ein. 
Die Vielfalt der medienpsychologischen Phänomene, die dabei auftreten, lässt sich entlang unterschiedlicher Phasen der Informationsverarbeitung ordnen (Aufnahme, Verarbeitung von Informationen und Effekte). Eine solche der Psychologie der Informationsverarbeitung entlehnte Gliederung wird auch diesem Kapitel zugrunde gelegt und dort ergänzt, wo dieses Gliederungsschema an seine Grenzen stößt (z. B. bei der Untersuchung der politischen Partizipation).

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13. Medien-vermittelte Stereotype und Vorurteile

Stereotype werden in der Psychologie definiert als sozial geteilte Überzeugungen (»shared beliefs«) über Personenmerkmale (»traits«) und/oder Verhaltensweisen (»acts«) einer Gruppe (Leyens et al., 1994). Diese Zuschreibungen basieren typischerweise auf

  • der ethnischen Zugehörigkeit,
  • dem Geschlecht oder
  • der sexuellen Orientierung.

Sie sind oft, aber nicht immer, negativer Natur. Das Wissen um Stereotype ist in einer Gesellschaft weit verbreitet, Personen unterscheiden sich jedoch, wie sehr sie bestimmten Stereotypen persönlich zustimmen. 
Wer eine stereotype Zuschreibung für zutreffend einschätzt, trägt damit ein Vorurteil. Der Begriff des Vorurteils wird zudem entweder als Oberbegriff für kognitive (Stereotype), affektive und verhaltensmäßige Reaktionen auf eine Person anhand ihrer Gruppenzugehörigkeit verwendet oder man bezeichnet, etwas enger, nur die affektiven Reaktionen als Vorurteil. 
Stereotype können für Mitglieder einer stereotypisierten Gruppen negative Konsequenzen haben, die von direkter Diskriminierung durch andere bis hin zu Prozessen reichen, aus denen heraus das Stereotyp zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird. 
In den Massenmedien finden sich zahlreiche klischeehafte und stereotype Darstellungen von gesellschaftlichen Gruppen. Unter anderem sind folgende Verzerrungstendenzen festzumachen:

  • Frauen und ältere Menschen sind unterrepräsentiert,
  • Frauen sind im Durchschnitt jünger als Männer,
  • Frauen sind typischerweise sehr schlank,
  • Frauen und Männer werden in eng definierten Rollen gezeigt,
  • Unterschiede zwischen Frauen und Männern werden unbegründetermaßen akzentuiert,
  • AusländerInnen im deutschen Fernsehen sind überwiegend männlich und
  • ethnische Minoritäten werden typischerweise in bestimmten Rollen gezeigt, vor allem als Kriminelle und als Machos.

Im Hinblick auf den Einfluss der Medien ist zunächst anzunehmen, dass Massenmedien Stereotype in der Gesellschaft verfügbar machen, also das Wissen um bestimmte mutmaßliche Eigenschaften kolportieren. Untersuchungen im Rahmen der Kultivierungshypothese deuten auf eine gegenseitige Verstärkung der TV-Rezeption und stereotypen Überzeugungen hin. Eine erhöhte Zugänglichkeit stereotyper Inhalte nach Stereotype beinhaltendem Medienkonsum wird dabei als Wirkmechanismus angenommen. 
Experimentell konnte die ursächliche Wirkung von stereotypen Darstellungen etwa von Afroamerikanern auf Stereotype und stereotypengeleitetes Verhalten aufgezeigt werden. Befunde zum Stereotype-Threat-Effekt zeigen, dass Medieninhalte Selbst-Stereotype aktivieren können, welche sich negativ auf das Leistungsverhalten von Mitgliedern einer stereotypisierten Gruppe auswirken. 
Als Möglichkeit, einer stereotypisierten Gruppe mehr oder weniger Geltung zu verschaffen, wird die Verwendung des generischen Maskulinumsin der deutschen Sprache diskutiert, Alternativen werden aufgezeigt. In einem weiteren Exkurs wird eine Studie zur Mediennutzung von Menschen mit Migrationshintergrund vorgestellt.

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14. Public Relations / Öffentlichkeitsarbeit

Public Relations/Öffentlichkeitsarbeit lässt sich wissenschaftlich aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten:

  • als Berufsfeld sowie Inventar von Methoden und Instrumenten auf der Mikroebene,
  • als Funktion und Einheit in Organisationen auf der Mesoebene,
  • mit der Frage, welche Funktionen PR für die Gesellschaft erbringt (Makroebene).

Als soziales und sozial beobachtbares Phänomen ist Öffentlichkeitsarbeit jedoch nicht exklusiv der wissenschaftlichen Definitionsmacht überlassen. Auch Laien bilden sich ein Urteil, PR-Berufspraktiker entwickeln ein professionelles Selbstverständnis. 
Auf der Meso- oder Organisationsebene definiert Bentele Public Relations als das Management von Informations- und Kommunikationsprozessen zwischen Organisationen einerseits und ihren internen oder externen Umwelten (Teilöffentlichkeiten) andererseits. Funktionen sind Information, Kommunikation, Persuasion, Imagegestaltung, kontinuierlicher Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens. 
Aus einer gegenstandsgemäßen PR-Geschichtsschreibung heraus lässt sich die sozialevolutionäre Emergenz von PR gleichermaßen verstehen als

  1. Geschichte der organisations- und interessengebundenen Kommunikation,
  2. Geschichte eines Berufes/Berufsfeldes,
  3. Geschichte der Entwicklung eines Subsystems mit spezifischen Funktionen in modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaften.

Von der Praxis wie auch von der Forschung her lassen sich verschiedene Segmente der Kommunikationsarbeit unterscheiden. Typischerweise differenziert man nach den Zielgruppen oder Teilöffentlichkeiten, die durch Kommunikationsarbeit angesprochen werden, also etwa:

  • Interne Kommunikation (Angehörige, Mitarbeiter)
  • Presse- und Medienarbeit (Journalisten)
  • Investor Relations (Investoren und Analysten)
  • Lobbying/Public Affairs (Politik und Administration)

Sozusagen quer dazu stehen Spezialdisziplinen wie Change Communications (Veränderungsprozesse in Unternehmen) oder Krisen-PR(krisenhafte Ereignisse). Flankierend sind spezialisierte Verfahren zu sehen, wie etwa Issues ManagementCorporate Publishing ist schließlich ein Berufsfeld, das im Schnittfeld von Public Relations, Journalismus und Marketing angesiedelt ist. 
Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Medienpsychologie und PR-Praxis respektive PR-Wissenschaft lässt sich bilanzieren, dass die Rezeption medien- und organisationspsychologischer Erkenntnisse am Anfang steht. Sowohl die PR-Wissenschaft als eine junge und dynamische Disziplin wie auch die zunehmend professionalisierte PR-Praxis werden schon bald an Grenzen stoßen, die einen Rückgriff auf grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse aus Medien- und Sozialpsychologie erforderlich machen.

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15. Mediensozialisation und Medienkompetenz

Mediensozialisationsforschung befasst sich mit zwei Grundfragen:

  1. Wie beeinflussen die Medien den allgemeinen Sozialisationsprozess der Heranwachsenden, d. h. ihr Hineinwachsen in die Gesellschaft und ihre Entwicklung einer gefestigten Identität, welche gesellschaftlich verortet und abgegrenzt ist?
  2. Wie erwerben die Heranwachsenden Medienkompetenz und damit die Fähigkeit, die Entwicklungsaufgabe eines bedürfnisgerechten und verantwortungsvollen Umgangs mit Medien zu bewältigen?

Medien stellen Ressourcen und Risiken für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen dar. Ressourcen können sie sein, indem sie beitragen können zu

  • Bewältigung von Entwicklungsaufgaben,
  • Bildung von Gemeinschaften und Ausdruck von Zugehörigkeiten und Abgrenzungen,
  • Gestaltung von Lern- und Arbeitsprozessen, Unterhaltung und Erholung.

Risiken stellen sie dar, indem sie beitragen können zu

  • sozial unerwünschten Emotionen, Einstellungen und Verhaltensweisen, wie Gewaltbereitschaft, Angst und Stereotypenbildung,
  • Kommerzialisierung der Kindheit und Jugend,
  • Mediensucht und sozialer Isolation.

Die Medienkompetenz der Heranwachsenden und die dabei erworbenen Mediennutzungsmuster sind daher wichtige Forschungsgegenstände der Mediensozialisationsforschung. Die Basistheorien dieser Forschungsrichtung stammen aus der Entwicklungspsychologie, der Soziologie, der Kommunikationswissenschaft und der Pädagogik.

  • Die Entwicklungspsychologie erklärt, welche Entwicklungsaufgaben in einem bestimmten Alter bewältigt werden müssen, sei dies aus biologischen, sozialen oder individuellen Notwendigkeiten heraus.
  • Die soziologischen Theorien betonen den Bezug zwischen der gesellschaftlichen Entwicklung und dem sich wandelnden Stellenwert der Medien.
  • Die Medienforschung untersucht den Medienalltag, d. h. wie Kinderzimmer, Schulhäuser, Jugendzentren usw. mit Medien ausgestattet sind, wie viel Zeit mit Medien verbracht wird, mit welchen Motiven Medien genutzt werden und welche Wirkungen auftreten. Dabei wird sichtbar, dass es erhebliche Unterschiede im Medienzugang zwischen den sozialen Schichten und zwischen den Geschlechtern gibt.
  • Die Pädagogik schließlich befasst sich mit dem Verhältnis zwischen bewusster Medienerziehung der Kinder durch Eltern und Lehrpersonen und von anderen Sozialisatoren ausgehenden Einflüssen.

Medienpädagogische Positionen lassen sich in kulturpessimistische und in optimistische Ansätze gliedern. Letztere betonen die Notwendigkeit, Medienkompetenzen zu fördern. Diese reichen von der Kulturtechnik Lesen bis zum Fernsehen und zur kompetenten Nutzung der neuen digitalen Medien.

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16. Mediennutzung und Medienwirkung bei Kindern und Jugendlichen

Im vorliegenden Kapitel wird ausgeführt, dass der Erwerb der Zeichensysteme unterschiedlicher Medien eine zentrale kognitiv-symbolische Kompetenz bei Kindern im Vorschulalter darstellt. Wenn Kinder die entsprechenden Zeichensysteme zu verstehen gelernt haben, dann können Medien auch gewinnbringend zur Vermittlung von Inhalten eingesetzt werden. Der Erwerb medialer Zeichenkompetenz umfasst die folgenden Schritte:

  • Erwerb der generellen Einsicht in den Unterschied zwischen Dingen und Ereignissen in der Umwelt und ihrer (externen) Repräsentation durch Medien
  • Erwerb der Gestaltungskonventionen von audiovisuellen Medien (z. B. Schnittkonventionen beim Film)
  • Erwerb der Gestaltungskonventionen und der Fähigkeit zur Bedienung von interaktiven Medien (z. B. Piktogramme bei Computerspielen)

Hilfreich ist dabei sicherlich, dass auch jüngere Kinder bereits aktiv ihre Aufmerksamkeit den Bildschirmmedien zuwenden, um Inhalte zu verstehen. 
Medien bergen auf der anderen Seite natürlich auch Risiken. Die kindliche Vielnutzung vor allem von Unterhaltungsmedien ist dem akademischen Erfolg abträglich. Aber es ist nicht das Medium per se, das für solche Effekte verantwortlich zeichnet, sondern die entsprechenden Inhalte. Bei Bildungsprogrammen zeigen sich keinerlei negative Effekte. 
Bei der Diskussion um die Gefahren der Nutzung von gewalthaltigen Medien vor allem durch Jugendliche sollte berücksichtigt werden, dass entsprechende Medien keine monokausale Ursache für aggressives Verhalten darstellen, sondern dass sie allenfalls in einem Variablengeflecht fungieren, das in seltenen Fällen zu einem Gefährdungspotenzial führen kann. 
Ein aktuelles Phänomen besteht darin, dass bestimmte Medien, die man bislang dem Jugendalter zugerechnet hat, zunehmend mehr von Erwachsenen genutzt werden. Computerspiele sind längst nicht mehr ausschließlich ein Medium der Jugend. Auch ältere Menschen nutzen extensiv die neuen Medien. Damit ist eine große Bandbreite neuer Möglichkeiten verbunden, die von kognitiven Trainings bis hin zu Maßnahmen zur sozialen Integration reicht.

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17. Medienkonzeption

Unter »Medienkonzeption« versteht man die Praxis und Wissenschaft des zielgerichteten Entwerfens von Medienangeboten. 
Die Medienkonzeption kann eklektizistisch Methoden, Theorien und Befunde unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen nutzen, zudem kann sie sich als Fach innerhalb der Konzeptionswissenschaften konturieren. 
Die Psychologie spielt für die Fundierung der Medienkonzeption eine zentrale Rolle, wobei neben medienpsychologischen Theorien, Methoden und Befunden auch andere Grundlagen- und Anwendungsfächer der Psychologie fruchtbar gemacht werden. 
Der Prozess der Medienkonzeption lässt sich am besten als Iterationsprozess modellieren, der von Anfang an die Erwartungen und Voraussetzungen zukünftiger Nutzerinnen und Nutzer einbezieht. Gleichzeitig ist ein Konzeptionsprojekt nach den Regeln des Projektmanagements zu gestalten. Die analytische Darstellung entsprechender Prozessmodelle sollte in der Konzeptions-Ausbildung nicht der einzige Vermittlungsweg sein, denn für den Erwerb von Konzeptionskompetenz ist angeleitete Praxiserfahrung notwendig. 
Konzeptionsentscheidungen werden immer im Hinblick auf konkrete Aufgaben und Ziele getroffen, wobei Medienangebote vor allem zur

  • Information,
  • Unterhaltung,
  • Kommunikation und/oder
  • Transaktion

dienen sollen. 
Für unterschiedliche Medien haben sich unterschiedliche Konzeptionspraxen entwickelt. Eine grobe Differenzierungsmöglichkeit ist dabei die Unterscheidung zwischen sogenannten altenneuen und neuesten Medien. Diese werfen aufgrund ihrer technischen Eigenschaften jeweils spezifische Designanforderungen auf. Schließlich ist zu beachten, dass Medienangebote so entworfen werden, dass sie

  • beide Geschlechter ansprechen (Gender Mainstreaming),
  • möglichst wenige Menschen ausschließen (Barrierefreiheit) und
  • bei Bedarf auch international vermarktet werden können (Lokalisierung und Internationalisierung).

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18. Usability: Systematische Gestaltung und Optimierung von Benutzerschnittstellen

Der Begriff Usability entspringt dem Ausdruck »the ability to use something« und meint die Fähigkeit, etwas zu benutzen. Diese Fähigkeit wird dadurch verbessert, dass die Bedienbarkeit eines Systems vereinfacht und an die Fertigkeiten der Anwender angepasst wird. Die daraus resultierende Benutzerfreundlichkeit hängt im Wesentlichen von vier Faktoren ab:

  1. Nützlichkeit
  2. Erlernbarkeit
  3. Effizienz
  4. Zufriedenheit

Für die systematische Gestaltung und Optimierung der einzelnen Faktoren stehen neben bewährten Richtlinien und Heuristiken verschiedene analytische und empirische Verfahren zur Verfügung, welche jeweils bei der

  • Konzeption,
  • Realisation und
  • Evaluation

von neuen und bestehenden Produkten oder Services angewendet werden können. 
Zunächst werden die Benutzerbedürfnisse mittels Verhaltensbeobachtung und Einstellungsmessung von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen erhoben. Dabei sollen auch die Bedürfnisse von älteren oder behinderten Personen einbezogen werden. Anhand dieser Bedürfnisse werden nützliche Funktionen und Inhalte abgeleitet. Die Bedienung der Funktionen ist umso einfacher, je schneller deren Anwendung erlernt werden kann. Die Einfachheit der Bedienung wird durch die Qualität von drei sequenziellen Stufen der Schnittstelle beeinflusst:

  • Informationsarchitektur (Finden)
  • Funktionsanzeige (Verstehen)
  • Prozesssteuerung (Anwenden)

Ein benutzerfreundliches System soll den Benutzer dabei unterstützen, komplexe Aufgaben möglichst schnell und ohne Fehler erledigen zu können. Mit Hilfe schematischer oder funktionaler Prototypen kann die Bedienung der Schnittstelle bereits während der Entwicklung getestet und laufend verbessert werden. Die Überprüfung erfolgt anhand standardisierter Usability-Tests, welche eine objektive Beobachtung der Testpersonen bei der Bewältigung typischer Aufgaben ermöglichen. Dabei werden allfällige Schwierigkeiten dokumentiert und für die Weiterentwicklung des Systems ausgewertet. 
Eine umfassende Interaktionsgestaltung ermöglicht eine ganzheitliche Erfahrung und vermittelt dem Benutzer vor, während und nach der Anwendung ein positives Erlebnis.

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19. Electronic Human Resource Management (E-HRM): Personalarbeit mit netzbasierten Medien

In diesem Kapitel wurden die verschiedenen Möglichkeiten des Electronic Human Resource Managements in den vier Hauptbereichen

  • Personalauswahl,
  • Personalführung,
  • Personalverwaltung und
  • Personalentwicklung

dargestellt. 
Dabei wurden einerseits netzbasierte Verfahren zur Unterstützung des Personalmanagements (sowohl konventionell als auch virtuell tätiger Mitarbeiter) diskutiert, andererseits (sowohl konventionelle als auch virtuelle) Strategien zur Unterstützung netzbasierter Erwerbstätigkeit.

Auch wenn vieles in diesem Übersichtskapitel aus Platzgründen nur skizziert werden konnte, so sollte deutlich geworden sein, dass E-HRM bereits jetzt eine Vielzahl interessanter Optionen zur Erleichterung und Verbesserung von Personalarbeit in Organisationen bietet, mit steigender Tendenz. E-HRM ist dabei nicht in Konkurrenz zu herkömmlicher Pesonalarbeit zu sehen, sondern als Möglichkeit der Ergänzung und Weiterentwicklung. Die empirische psychologische Forschung steht hier erst am Anfang.

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20. Lehren und Lernen mit Multimedia und Internet

Ziel des Kapitels war die integrierte Darstellung aktueller Überlegungen zum Lehren und Lernen mit Multimedia und Internet. Dabei ging es uns darum, die vielschichtigen Bezugnahmen zwischen

  • technologischer Anlage,
  • lerntheoretischer Begründung und
  • didaktischem Handeln

gleichermaßen zu thematisieren. 
Gerade in jüngerer Zeit hat sich auf allen drei Gebieten eine sprunghafte Entwicklung ergeben, die neben der rein praktisch begründeten Nachfrage nach konkreter Handlungskompetenz z. B. bei der Steuerung virtueller Lerngemeinschaften oder für das innerbetriebliche, medienvermittelte Wissensmanagement auch neue theoretische Perspektiven eröffnet hat. Diese beziehen sich insbesondere auf ein relationales Verständnis von Lehr-Lern-Prozessen, welches besonders deutlich bei unserem Verständnis vom Paradigma der virtuellen Lern- und Wissensgemeinschaften und den zum Austausch dieser Wissensbestände verstärkt erforderlichen spezifischen Verhaltensrepertoires zum Ausdruck kommt. 
Als Fazit in Bezug auf die Anwendbarkeit von Lerntheorien auf die Nutzung neuer Medien kann daher festgehalten werden, dass

  • Lerntheorie auch in Bezug auf neue Medien Vorhersagekraft hat,
  • das - gegebenenfalls unintendiert - gewählte Paradigma unser Handeln bestimmt,
  • nicht alle medialen Entwicklungen in die Heuristik bestehender, etablierter Lerntheorien integrierbar sind,
  • daher eine mögliche paradigmatische Erweiterung zu bedenken ist,
  • unabhängig davon eine derartige Systematisierung Klarheit in der Vielfalt neuartiger medialer Formen, deren Merkmalen und Interpretationen schafft.

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21. Bedeutung der Medien für klinisch-psychologische Interventionen

  • Der Einsatz von Medien im therapeutischen Bereich ist nicht neu. Somit wird auch die Nutzung digitaler Medien zunehmend selbstverständlicher werden, die mit Schlagworten wie »Sozialinformatik«, »Medizininformatik«, »Telemedizin« oder »E-Health« belegt ist. Der klinisch-psychologische und psychiatrische Bereich ist dabei eingeschlossen.
  • In der Telepsychiatrie zeigen sich internationale Entwicklungen, die im deutschsprachigen Raum bislang kaum erprobt oder etwa breiter umgesetzt wurden. Beispiele sind konsiliarische Dienste, Patientenvermittlung, Diagnostik, Supervision und die Ausbildung von Ärzten und Psychologen via Videokonferenz. Insgesamt wird von positiven Erfahrungen nicht nur bezüglich der praktischen Anwendung, Akzeptanz auf Fach- wie Patientenseite und Kostenersparnissen für die Nutzung von Videokonferenzen in diesen Anwendungskontexten berichtet, sondern es liegen auch empirische Evidenzen für sensible Einsatzformen wie die Diagnosestellung über telekommunikative und audiovisuelle Technologien vor.
  • In Zukunft gilt es, diese neuen Möglichkeiten der klinischen Telepsychologie und -psychiatrie - als Ergänzung und Erweiterung der herkömmlichen Versorgungsstrukturen - angepasst an das deutsche Gesundheitssystem wissenschaftlich und praktisch weiterzuentwickeln, zu evaluieren und bei positiven Evaluationsergebnissen dann auch zu veralltäglichen.
  • Dabei hat neben der Erforschung von Kriterien für die intra- und interindividuelle Einbindung von Medien im Rahmen psychotherapeutischer Behandlung die Berücksichtigung ethischer wie sozialer Aspekte besondere Relevanz. Zum einen müssen mediale Angebote im Rahmen der Versorgung von psychisch Kranken für alle Menschen gleich nutzbar und zugänglich sein, d. h. es muss ein gesundheitsbezogener »digital devide« verhindert werden. Zum anderen muss bei aller Verlockung technischer Möglichkeiten die Würde des Patienten berücksichtigt bleiben: Alkoholkranke Menschen aufzufordern, sich möglichst an ihr persönliches Limit zu betrinken, um sie mit Videoaufnahmen zur Krankheitseinsicht zu motivieren bleibt ethisch höchst fragwürdig.
  • Insgesamt ist davon auszugehen, dass im Zuge der allgemeinen Mediatisierung der Gesellschaft viele Menschen auch bei der klinisch-psychologischen Versorgung auf einen flexiblen Einsatz unterschiedlicher Medien verstärkt Wert legen. Daher ist wichtig, dass sowohl angehende klinische Psycholog(inn)en als auch Medienpsycholog(inn)en die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Medien in therapeutischen Prozessen mit ihren spezifischen Potenzialen, aber auch Grenzen kennen und das Know-how haben, ihre Effekte wissenschaftlich zu evaluieren.

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22. Medienethik

Der vorliegende Beitrag setzt sich mit normativen Ansprüchen der Medienberichterstattung und deren Begründungen und Qualitätskriterien im medienethischen Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis auseinander. Hinsichtlich der Bezugsebenen der Verantwortung wird differenziert zwischen

  • individualethischen Maximen,
  • professionsethischen Maßstäben,
  • Ansätzen einer System- bzw. Institutionenethik und
  • der Publikumsethik.

Daran anknüpfend werden unterschiedliche Ebenen voneinander abgegrenzt, bei denen die Reichweite des Verantwortungshorizontesthematisiert wird. 
Hier ist zu unterscheiden zwischen

  • der metaethischen Ebene,
  • der medienpolitischen Ebene,
  • der Organisationsebene,
  • der berufsbezogenen Ebene und
  • der personalen Ebene.

Darüber hinaus lassen sich unterschiedliche Ebenen der medienethischen Argumentation voneinander abgrenzen, die sich konkret auf Arbeitsfelder medienethischer Reflexion in der Praxis anwenden lassen. Abschließend werden Aufgaben und Sanktionsmöglichkeiten ausgewählter Medienselbstkontrollinstanzen und medienrechtlicher Regelungen skizziert, die sich arbeitsteilig mit ggf. moralisch fragwürdigen Medieninhalten beschäftigen.

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23. Psychologie in den Medien

Psychologinnen und Psychologen sowie psychologische Themen und Inhalte sind sowohl in fiktionalen als auch in nichtfiktionalen Medienkontexten präsent. Inhaltsanalysen belegen die regelmäßige Präsenz psychologischer Themen in Tageszeitungen und Zeitschriften. Während in Zeitungen insbesondere die psychologische Charakterisierung bzw. Begutachtung von Akteuren im Vordergrund steht, finden sich in Zeitschriften besonders häufig Beratungsthemen zu Partnerschaft, Sexualität, Erziehung und allgemeiner Lebenshilfe. Empirische Ergebnisse zur Berichterstattung über psychische Erkrankungen und psychisch Erkrankte in nichtfiktionalen Medienformaten lassen auf eine negativ selektive Darstellung schließen. So nehmen kriminelle Gewalttäter einen überproportional großen Anteil bei der Berichterstattung über psychisch Erkrankte ein.

Auch fiktionale Medienformate berichten über psychologische Themen. Bei der Darstellung überwiegt das freudianisch geprägte Stereotyp des männlichen Therapeuten mit weißem Bart und Brille. Mindestens ebenso präsent wie die Therapeutenfigur ist die Figur des psychisch Erkrankten in fiktionalen Medien. Dabei ist häufig eine Verknüpfung von psychischer Krankheit und Gewalt zu beobachten, wobei Personen mit psychischer Erkrankung überproportional häufig die Rolle des Mörders oder Gewalttäters einnehmen. Eine ebenso überwiegend negativ gefärbte Darstellung erfährt die psychotherapeutische Behandlung. So wird Psychotherapie oft als weitgehend wirkungslos dargestellt. Patienten werden in fiktionalen Darstellungen häufig gegen ihren Willen behandelt, therapeutische Einrichtungen als Orte des Schreckens und der Qual charakterisiert.

Call-in-Radiosendungen und Talkshows stellen einen weiteren medialen Kontext für die Aufarbeitung psychologischer Themen dar. Der Moderator übernimmt die Rolle des Beraters oder Mediators und gelangt so implizit in die Position des Psychotherapeuten. Für die Rezipienten erfüllen diese Formate häufig eine Orientierungsfunktion, bieten die Möglichkeit, sich mit den Schicksalen der Gäste zu identifizieren und sich für eigene Lebenskrisen zu wappnen. Laienpersonen, die aktiv an Talkshows teilnehmen und intime Details aus ihrem Privatleben preisgeben, erwarten, dass ihre Probleme gelöst werden.

Im Gegensatz zu Counseling in Radio und Fernsehen stellt psychologische Beratung im Internet eine aussichtsreiche Alternative für professionelle psychologische und psychotherapeutische Beratung dar. Die Online-Therapie ist insbesondere für solche Patienten eine gewinnbringende Ergänzung, die rund um die Uhr auf einen Ansprechpartner angewiesen sind oder deren Hemmschwelle zur direkten Kontaktaufnahme mit einer therapeutischen Praxis zu hoch ist.

Neben der Rolle des Therapeuten findet sich eine Reihe weiterer Motive und Beweggründe für Psychologinnen und Psychologen, in den Massenmedien aufzutreten. Dabei sind Psychologen etwa im Bereich des Fernsehens sowohl »hinter den Kulissen« als wissenschaftliche Berater oder Produzenten eigener Beiträge als auch vor der Kamera als Experten bzw. Interviewte, aber auch als Interviewer vertreten. Journalisten nutzen somit das wissenschaftliche Renommee von Psychologinnen und Psychologen, um die Glaubwürdigkeit und Plausibilität ihrer Beiträge zu erhöhen. Gut etablierte, erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit hohem Publikationsaufkommen werden besonders häufig interviewt.

Zwar ist bei Psychologinnen und Psychologen eine steigende Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Medien zu verzeichnen, gleichzeitig birgt die Kooperation Konfliktpotenzial. So unterscheiden sich wissenschaftlich arbeitende Psychologen und Journalisten deutlich in ihrer Arbeitsweise. Die dabei entstehenden Interessenkonflikte hinterlassen auf Seiten des Wissenschaftlers häufig den Eindruck, die eigenen Aussagen seien verkürzt dargestellt worden oder der Journalist habe bei der Berichterstattung die falschen Schwerpunkte gesetzt. Orientierung für den Umgang mit den Medien bieten auf der einen Seite ein gezieltes Mediencoaching und auf der anderen Seite ethische Kodizes, wie sie etwa von den psychologischen Fachgesellschaften formuliert wurden.

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