David G. Myers

Inhalt

  • 12.1 Motivationskonzepte
    • 12.1.1 Instinkte und Evolutionspsychologie
    • 12.1.2 Triebe und Anreize
    • 12.1.3 Optimale Erregung
    • 12.1.4 Bedürfnishierarchie
  • 12.2 Hunger
    • 12.2.1 Physiologie des Hungers
    • 12.2.2 Psychologie des Hungers
    • 12.2.3 Adipositas und Gewichtskontrolle
  • 12.3 Sexuelle Motivation
    • 12.3.1 Physiologie der Sexualität
    • 12.3.2 Psychologie der Sexualität
    • 12.3.3 Sexualität im Jugendalter
    • 12.3.4 Sexuelle Orientierung
    • 12.3.5 Sexualität und die Wertvorstellungen von Menschen
  • 12.4 Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit
    • 12.4.1 Soziale Bindung als Überlebenshilfe
    • 12.4.2 Wunsch nach Zugehörigkeit
    • 12.4.3 Beziehungen aufrechterhalten
    • 12.4.4 Der Schmerz der Ächtung
    • 12.4.5 Soziale Netzwerke
  • 12.5 Arbeitsmotivation
    • 12.5.1 Personalpsychologie
    • 12.5.2 Organisationspsychologie: Leistungsmotivation
    • 12.5.3 Der Faktor Mensch
  • 12.6 Kapitelrückblick
    • 12.6.1 Verständnisfragen
    • 12.6.2 Schlüsselbegriffe
    • 12.6.3 Weiterführende deutsche Literatur

 

Zusammenfassung

 

Motivationskonzepte

Psychologen beschreiben Motivation als etwas, was das Verhalten mobilisiert und es steuert. Die 4 Sichtweisen, die in diesem Kapitel behandelt wurden, sind:

  • die Instinkttheorie/evolutionäre Theorie,
  • die Triebreduktionstheorie,
  • die Erregungstheorie und
  • die Bedürfnishierarchie.

 

Instinkte sind rigide geformte, komplexe Verhaltensweisen, die man bei einer gesamten Spezies findet, wie etwa das Nestbauverhalten bei der Spezies der Vögel. Frühe Instinkttheoretiker, die durch Darwins Theorie der natürlichen Selektion beeinflusst wurden, versuchten die Verhaltensweisen des Menschen so zu klassifizieren, als wären sie von solchen Instinkten geleitet. Als klar wurde, dass sie nur Verhaltensweisen benannten, sie aber nicht erklärten, verlor dieser Ansatz an Bedeutung. Der Grundgedanke - dass Gene uns für ein arttypisches Verhalten prädisponieren - übt jedoch auch heute noch einen Einfluss auf die evolutionäre Psychologie aus, die Verhaltensweisen in Bezug auf ihre Funktionen für die Anpassung untersucht.

Die Triebreduktionstheorie geht davon aus, dass physiologische Bedürfnisse (Hunger, Durst) zu psychischen Zuständen führen, die dazu anregen (dazu motivieren), diese Bedürfnisse (durch Essen bzw. Trinken) abzubauen oder zu befriedigen. Das physiologische Ziel der Triebreduktion ist die innere Stabilität oder Homöostase. Wir werden am stärksten zu etwas angeregt, wenn wir von unserem Bedürfnis dazu veranlasst werden, einen Trieb zu reduzieren (z. B. den Hunger zu befriedigen), und auch durch einen äußeren Anreiz von etwas angezogen werden (z. B. durch den Geruch frisch gekochten Essens). Je nach unserer persönlichen Lebensgeschichte oder der Geschichte unserer Kultur reagieren wir auf manche Reize (z. B. auf rohe Austern) stärker als auf andere.

Nicht alle Verhaltensweisen verringern unmittelbare physiologische Bedürfnisse oder Spannungszustände. Die Erregungstheorie trägt dazu bei, die Motivation für diese Verhaltensweisen zu erklären. Beispielsweise deuten Verhaltensweisen, die durch Neugier angeregt werden, darauf hin, dass sowohl zu wenig als auch zu viel Stimulierung Menschen dazu motivieren kann, ein optimales Erregungsniveau anzustreben.

Maslows Bedürfnishierarchie geht von einer pyramidenförmigen Ordnung aus, bei der Bedürfnisse eines unteren Niveaus (wie etwa Hunger und Durst) weniger leicht zu ignorieren sind als Bedürfnisse eines höheren Niveaus (wie etwa die Bedürfnisse, geliebt zu werden, sich zugehörig zu anderen zu fühlen oder anerkannt zu werden). Obwohl Kritiker anmerken, dass Maslows Abfolge der Bedürfnisse nicht universell gültig ist, liefert seine Hierarchie eine Rahmenvorstellung für motivierte Verhaltensweisen.

 

Hunger

Die physiologischen Einflussfaktoren auf Hunger: Washburn u. Cannon haben gezeigt, dass der innere Druck durch Hunger den Kontraktionen des Magens entspricht, aber Hunger hat andere Ursachen. In der Körperchemie, die unser Hungergefühl beeinflusst, können individuelle Unterschiede mit den folgenden Stoffen zu tun haben:

  • Insulin (von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet; steuert den Blutzuckerspiegel),
  • Leptin (von den Fettzellen ausgeschüttet; sendet ein Signal ans Gehirn, den Stoffwechsel in Gang zu setzen und den Hunger abnehmen zu lassen),
  • Orexin (vom Hypothalamus ausgeschüttet; löst Hunger aus),
  • Ghrelin (durch einen leeren Magen ausgeschüttet; sendet Hungersignale ans Gehirn) und
  • PYY (vom Verdauungstrakt ausgeschüttet; sendet das Signal ans Gehirn, dass man nicht hungrig ist).

 

All diese Informationen kommen in den beiden Arealen des Hypothalamus zusammen, die das Körpergewicht regulieren, indem sie unser Gefühl des Hungers und der Sättigung beeinflussen. Die Wissenschaftler sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob der Körper einen genau festgelegten Set Point hat (eine biologisch angelegte Neigung, ein optimales Gewicht aufrechtzuerhalten) oder einen Einstellpunkt (settling point; ein von der Umwelt und der Biologie beeinflusstes Niveau, auf das sich das Gewicht in Reaktion auf Kalorienaufnahme und -verausgabung einstellt).

Der Hunger wird bei uns nicht nur vom körperlichen Zustand beeinflusst, sondern auch von unserer Erinnerung daran, wann wir das letzte Mal gegessen haben, und von unserer Erwartung in Bezug darauf, wann wir wieder essen sollten. Und obwohl wir Menschen als Art bestimmte Geschmäcker bevorzugen (wie etwa süß und salzig), lernen wir, diesen Vorlieben für bestimmte Nahrungsmittel im Kontext unserer Familie und unserer Kultur nachzugehen. Einige unserer Geschmacksvorlieben (z. B. die Vermeidung neuer Nahrungsmittel oder solcher, die uns krank werden ließen) haben einen Wert für das Überleben.

 

Motivation

Masters und Johnson haben 4 Phasen des sexuellen Reaktionszyklus beim Menschen beschrieben:

  1. Erregung
  2. Plateau
  3. Orgasmus (anscheinend treten hier bei Männern und Frauen ähnliche Gefühle und eine ähnliche Hirnaktivität auf )
  4. Entspannung; Während der Entspannungsphase erleben Männer eine Refraktärphase, in der erneute Erregung und ein erneuter Orgasmus nicht möglich sind.

 

Sexuelle Funktionsstörungen (Probleme, die konsistent die sexuelle Erregung und Funktionsweise beeinträchtigen, wie etwa vorzeitige Ejakulation, Erektionsstörungen oder Orgasmusstörungen bei Frauen) lassen sich erfolgreich mit Hilfe einer medikamentösen Therapie oder Verhaltenstherapie behandeln. Bei der Verhaltenstherapie wird angenommen, dass Menschen ihre sexuellen Reaktionen lernen und sie modifizieren können.

Einfluss der Hormone auf die sexuelle Motivation und das Sexualverhalten: Die Sexualhormone Testosteron und Östrogen sind sowohl bei Männern als auch bei Frauen vorhanden. Doch Männer haben einen höheren Testosteronspiegel und Frauen einen höheren Östrogenspiegel. Diese Hormone tragen dazu bei, dass sich unser Körper als Körper eines Mannes oder einer Frau entwickelt und entsprechende Funktionen ausbildet. Bei Tieren helfen sie auch, die sexuelle Aktivität zu stimulieren. Bei einem normalen Hormonniveau haben Hormone keinen großen Einfluss auf das Sexualverhalten des Menschen, wenn auch das Verlangen bei Frauen mit Partner während des Eisprungs ansteigt. Im Unterschied zu den Weibchen bei anderen Säugetieren reagiert die Sexualität der Frau stärker auf den Testosteronspiegel als auf den Östrogenspiegel. Bei Männern sind kurzfristige Veränderungen des Testosteronspiegels normal.

Die Bedeutung äußerer Reize und Fantasien bei der sexuellen Motivation und beim Sexualverhalten: Erotisches Material und andere äußere Reize können sowohl bei Männern als auch bei Frauen eine sexuelle Erregung auslösen, obwohl dabei leicht unterschiedliche Hirnareale aktiviert werden. Sexuell eindeutiges Material kann dazu führen, dass Menschen ihren Partner als vergleichsweise weniger reizvoll wahrnehmen und die Beziehung abgewertet wird. Sexuell gewalttätiges Material lässt beim Betrachter die Tendenz zunehmen, Vergewaltigung und Gewalt gegen Frauen zu akzeptieren. Zusammen mit einem inneren hormonellen Druck und einer äußeren Wirkung sexueller Reize beeinflussen Fantasien (vorgestellte Reize) die sexuelle Erregung.

Die körperliche Reifung von Jugendlichen fügt ihrer sich entwickelnden Identität eine sexuelle Dimension hinzu; doch die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs bei Teenagern ist von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Im 20. Jahrhundert kam die zunehmende sexuelle Aktivität amerikanischer, aber auch europäischer Teenager in der steigenden Zahl von Teenagerschwangerschaften zum Ausdruck. Zu den Faktoren, die dazu beitragen, gehören Unwissen über die potenziellen Folgen einer sexuellen Aktivität, Schuldgefühle wegen sexueller Aktivität, wenig Austausch mit Eltern, Partnern und Gleichaltrigen über Empfängnisverhütung sowie die Normen in den Massenmedien in Bezug auf ungeschützte Promiskuität.

Sexuell übertragbare Infektionen wie Infektionen durch das Humanpapillomavirus, HIV und andere Erreger haben sich rasch ausgebreitet. Zwei Drittel dieser Infektionen treten bei Personen unter 25 Jahren auf. Wegen ihres weniger reifen Körpers und einer geringeren Menge schützender Antikörper scheinen Mädchen besonders anfällig dafür zu sein. Zu den Versuchen, Teenager durch umfassende Aufklärungsprogramme zu schützen, gehören in den USA eine stärkere Betonung der Enthaltsamkeit bei Jugendlichen. Hohe Intelligenz, Religiosität, Haushalt mit Vater und Teilnahme an Programmen, bei denen man soziale Tätigkeiten erlernt, sind gewöhnlich gute Prädiktoren für sexuelle Zurückhaltung bei Teenagern.

Untersuchungen deuten darauf hin, dass 3-4% der Männer und 1-2% der Frauen homosexuell sind und dass die sexuelle Orientierung von Dauer ist. In der Forschung wird kein Ursache-Wirkungszusammenhang zwischen Homosexualität und irgendeinem der folgenden Faktoren belegt: Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern, Haushalt ohne Vater, Angst vor und Hass gegenüber Menschen des anderen Geschlechts, sexuelle Erfahrungen in der Kindheit, Beziehungen zu Gleichaltrigen und Erfahrungen mit Verabredungen. Empirische Belege dafür, dass eine biologische Komponente der Homosexualität wahrscheinlich ist, finden sich in Studien zum gleichgeschlechtlichen Verhalten bei mehreren hundert Spezies, zu Unterschieden zwischen Hetero- und Homosexuellen in Bezug auf Merkmale in Körper und Gehirn, zu genetischen Merkmalen bei Familienmitgliedern und Zwillingen sowie zur Wirkung dessen, dass man in kritischen Phasen der pränatalen Entwicklung bestimmten Hormonen ausgesetzt war. Die Öffentlichkeit nimmt immer stärker die biologischen Grundlagen der sexuellen Orientierung wahr; diese Wahrnehmung geht einher mit einer breiteren Akzeptanz der Homosexuellen und ihrer Partnerschaften.

In der wissenschaftlichen Forschung zur sexuellen Motivation wird nicht der Versuch unternommen, die persönliche Bedeutung der Sexualität in unserem Leben zu definieren. Die Sexualforschung und Sexualpädagogik sind jedoch nicht wertfrei. Manche sagen, Forscher und Pädagogen sollten offen ihre Wertvorstellungen in Bezug auf Sexualität bekennen und die emotionale Bedeutung des sexuellen Ausdrucks anerkennen.

 

Anschlussmotiv

Unser Bedürfnis, uns anderen anzuschließen, uns verbunden zu fühlen und uns mit anderen identifizieren zu können, verbesserte die Überlebenschancen unserer Vorfahren; dies könnte eine Erklärung dafür sein, dass Menschen in allen Gesellschaften in Gruppen leben. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit tritt auf, wenn Menschen danach streben, sozial akzeptiert zu werden, daran arbeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten (oder einen Verlust zu betrauern) oder die Freude der Liebe (oder den Trübsinn der Einsamkeit) empfinden. Geächtete Menschen, die von anderen ausgeschlossen oder ausgestoßen werden, leiden unter Stress und Depression - einer wirklich schmerzhaften Empfindung, die die Aktivität in dem Hirnareal zunehmen lässt, das auch auf körperlichen Schmerz reagiert. Wenn sich Menschen in ihren Freundschaften, Familien oder Ehen sicher aufgehoben fühlen, sind sie gewöhnlich gesünder, und bei ihnen kommen Depression, Selbstmord oder früher Tod nicht so häufig vor. Wenn sie dagegen sozial ausgeschlossen werden, werten sie sich möglicherweise selbst ab (zeigen Leistungen unter ihrem Fähigkeitsniveau) oder verhalten sich antisozial.

 

Leistungsmotivation

Leistungsmotivation ist das Verlangen, etwas Bedeutsames zu erreichen, Dinge, Menschen und Ideen zu beherrschen sowie hohe Standards aufrechtzuerhalten.